Donnerstag, 5. Dezember 2019

Spätzle im Showroom **

















Heutzutage gleichen Bäckereien beeindruckenden Showrooms der Kulinarika und glitzernden Tempeln des gepflegten Chillens. Schnöde alltägliche Waren wie Roggenbrote oder Käsekuchen spielen hier eher eine untergeordnete Rolle.

Unter dem Slogan "Regional. Raffiniert. Rustikal" erobert die Familienbäckerei Raisch nun rasant die schwäbische Tiefebene des Heckengäus. Gut zwei Dutzend Dependancen sind in den letzten Jahren aus dem Boden geschossen. Eine so schick und propper wie die andere. Hier treffen sich Latte-Macchiato-Mütter, hungrige Rentner und unterzuckerte Aussendienstler zum üppigen Frühstücksbüffet, Mittagstisch, Kaffeegedeck. 

Menge: mehr, als der erste Blick verspricht und die Spätzialistin vertilgen kann
Spätzle: eindeutig Fertigware
Käse: vom angekündigten Allgäuer Bergkäse höchstens Spurenelemente
Zwiebeln: die ebenfalls angekündigten Röstzwiebeln sind eindeutig geschmälzt - auf Wunsch erhalte ich eine doppelte Portion (und mein Nachfolger muss leer ausgehen)
Viskosität: griffig und eher trocken
Beilage: grosszügig darf man sich am adretten, blitzeblanken Salatbüffet selbst bedienen
Zubereitungszeit: schwuppdiwupp mit riesiger Kelle auf den Teller geschöpft
Abgang: sättigt bis zum frühen Abend
Preis: 7,90 Euro (inklusive Beilagensalat)
Bewertung: Günstiges, üppiges Tagesessen ohne Chichi und überzogenen lukullischen Anspruch.

Lokalität: Bäckerei und Konditorie Raisch
Hauptstraße 11
71034 Böblingen-Dagersheim
Tel.: 07031/ 4270766
E-Mail: info@baeckerei-raisch.de

Freitag, 29. November 2019

Gaumenkitzel im Zimmerschlag **

















Mit der Übernahme der Gaumenfreude haben Viviane Jungmann und Ilker Kirioglu kein leichtes Erbe angetreten. Über ihnen dräut der bräsige Schäferhundeverein, ein rustikal-gediegenes Interieur und schwäbische Bürgerlichkeit. Um so beachtlicher daher das bemühte Engagement, dem abgelegenen Vereinsheim neues Leben einzuhauchen.

Eines ist auf jeden Fall garantiert: zwischen Black Friday und Cyber Monday passt immer noch ein günstiger Mittagstisch zu gastronomischen Tiefpreisen. Auch das aufgeregte Schwanzwedeln von Hector, der genauso unsere Nähe sucht wie einst Jackson, der Mops.

Menge: Habe ich versehentlich eine Seniorenportion bestellt?
Spätzle: füllig, mit angenehmem Gaumengefühl
Käse: ein gelungener Mix aus Emmentaler, Gouda, Bergkäse
Zwiebeln: was auf den ersten Blick wie Blaukraut anmutet, sind mit Speisefarben getönte Zwiebelstreifen (ein Sonderpunkt für diese aussergewöhnliche Bemühung!)
Viskosität: vollmundig
Beilage: ein übersichtlicher Beilagensalat dümpelt in wässrigem Dressing
Zubereitungszeit: kaum mehr als 10 Minuten
Abgang: leicht hungrig
Preis: 7,90 Euro (inklusive Salat oder Suppe) als Tagesessen
Bewertung: Geschmacklich feine, mittagstisch-günstige, doch mengenmäßig sehr dürftige Spätzleportion in rustikaler Vereinsheim-Atmosphäre.

Lokalität: Restaurant Gaumenfreude
Im Zimmerschlag 8
71032 Böblingen
Tel.: 07031 / 9255027
E-Mail: mail@restaurant-gaumenfreude.de

Donnerstag, 28. November 2019

Pasta aller Länder vereinigt euch **

 


 Klar. Ganz klar. So etwas endet nie gut. So war es ja schon immer in diesem Lokal - irgendwann übersiehst du es ganz einfach: sei es Deinen Tischbarn, sei es den Überblick eigener getrunkener Biere oder schlichtweg den Tresen. Oder gar am Ende die Bedienung Dich.
War dies in den Achtzigern noch Zigarrettendunst, einem dicht gedrängt stehendem Publikum oder der andauernd plappernden Berliner Schnauze geschuldet, ist es nun die überbordende Anzahl von Wandtellern, Kiezromantik (oder was Lieschen Müller dafür hält) und „very typical German“- Kitsch (im Allgemeinen) sowie ein Lichterkettenmeer, Weihnachtsnippes (im Besonderen). Heutzutage werden bevorzugt „Berliner Leber“ oder „Wiener Schnitzel“ vom juppiisierten Publikum geordert, um dann beim Servieren mit einem „Oh! Ooh, oh my god“ bestöhnt zu werden. Wir bleiben standhaft, im Dienste dieses Blogs.

Menge: eine derart überschaubare und Appetit anregende Portion hat es verdient, im direkten Nachgang noch mit einer Bulette&Brot nachgeordert zu werden
Spätzle: Die Berliner Gentrifzierung hat am Savignyplatz endlich auch Einzug in die Küche gehalten. Oder wie ist es zu erklären, dass eine Melange gefühlt sämtlicher Nudelsorten der Hauptstadt unter die Spätzle kommen? Kein Witz: u.a. grüne Bandnudeln (!) pimpen meinen Spätzleteller auf. Pasta aller Länder - vereinigt Euch (60% Spätzle-Anteil, 40% andere Nudelproben) - alles Convenience-Ware, versteht sich wie von selbst
Käse:  müde und kaum Fäden ziehender, langweiliger Gouda mit merkwürdig süßlichen Aromen (Wollstrümpfe am Kachelofen), schmeckt stumpft
Zwiebeln: als grüne Lauchzwiebelringe unter der Pastapampe erkennbar. Der Klassiker, ein Zwiebeltopping, war auch nach eingängiger Recherche nicht erkennbar. Wahrscheinlich zum Salatdressing übergelaufen.
Viskosität: jetzt erst verstehe ich endlich die sprachliche Nähe zu Viskose! Samtig, fast schon schmierig kommt die Masse daher. Wäre diese Mahlzeit ein Pullover, man würd sie lieber streicheln statt essen.
Beilage: die Süßaromen des tausenden Inseln-Fertighausdressings plempertn geschmacklich alles zu. Wobei „alles“ nicht mehr bedeutet als „drei Achtelschnitz Tomate, fünf Blättchen Salat, zwei Strünke Ackersalat und den artigen Porzellanteller.
Zubereitungszeit: Und da sage noch einer etwas über die Geschwindigkeit der Berliner bei der Maloche! Verdächtig stramme fünf Minuten (einmal Toilettengang inklusive Händewaschen - schon steht bei der Rückkehr ein dampfender Teller am Tisch)
Abgang: so wie ich herkam - durch die Türe. Ansonsten aufgrund mangelnder Mengenlehre nicht wirklich bewertbar. Ein gutes Ducksteiner sorgt für schnelle Spülung.
Preis: Euro 11, 80 (plus Euro 3,50 für die Solo-Boulette)
Bewertung: Längst eine alte Erkenntnis. Lokalbesuche, der eigenen blumigen Erinnerung geschuldet, bringen es echt nicht.  Solche, sagen wir mal, gastronomischen Ausflüge wären ja noch lachhaft bis reizvoll, wenn alte Gefährten des letzten Jahrtausends wie Landgraf, Raimund oder Nalbach Uli anwesend wären. Aber jetzt: nur noch traurig (weil die Gefährten von einst in Dir nicht mal über den müd gewordenen faden Käsespätzletellerrand blicken).

Nächste Erkenntnis: überlasse das, was gentrifizierte Globalreisende für den Kiez halten, der Lächerlichkeit eines 70iger Jahre Slades Songs, der Dir hier im vorweihnachtlichen Ohr erklingt: (...So here it is, Merry Xmas, everybody’s having fun....) Look to the future now, It's only just begun!

Letzte Erkenntnis. Behalte Dir deine besonderen und besonders lieb gewonnenen Orte Deines kleinen Lebens einfach in guter Erinnerung. Kehre nie wieder an den Ort Deiner Kneipenglückseligkeit zurück. Du wirst ja nur reichlich enttäuscht sein. Oder gar im Empfinden von nicht vorhandenen Genüssen gar aufs Tiefste gekränkt.

Verlasse das Feld Deiner Erinnerungen und genieße. Woanders. Bitte!

Lokalität: Dicke Wirtin (am Savigny-Platz)
Carmer Straße 9
10623 Berlin
Telefon: 030/312 49 52
E-Mail: post@dicke-wirtin.de

Dienstag, 19. November 2019

An Stuttgarts vergessenen Gewässern ***

















Stuttgart hat es schon immer verstanden, seine Gewässer verschämt zu unterschlagen.  Der Neckar liegt zu weit von der urbanen Wahrnehmung entfernt - und sein Nebenfluss Nesenbach tröpfelt brav untertunnelt und unsichtbar durch die Innereien der City.

Immerhin setzt ihm das neue Restaurant nesenbach oberirdisch ein Denkmal. Orthographisch ganz hip klein geschrieben, doch architektonisch nicht zur Untertreibung neigend - in bester 1a-Lage, gerade vis-a-vis des Karlsplatzes und der legendären Markthallte. Nur Mut, schließlich hat sich auch die geographisch weit entfernte Tauberquelle längst schon zu einer festen Stuttgarter Institution etabliert.


Menge: beträchtlich (nur meine gute Kinderstube verhindert, den verbliebenen Rest einpacken zu lassen)
Spätzle: gefällige Fertigware aus dem Gastro-Großhandel, die in der hiesigen Küche nur noch warm gemacht wird
Käse: Emmentaler mit einem Schuss rezenten Bergkäse
Zwiebeln: von den sanft geschmelzten, feinen Zwiebelstückchen hätten es gerne mehr sein können
Viskosität: die angenehm cremige Textur lässt die Spätzle nur so flutschen
Beilage: einige Blättchen vom Pflücksalat, von einer halben Cocktailtomate gekrönt
Zubereitungszeit: gefühlte kurze 10 Minuten
Abgang: erzeugt einen wohligen Sättigungsgrad
Preis: 11,80 Euro (inklusive Beilagensalat)
Bewertung: Ansprechend komponierte Kässpätzle für forschende Hydrologen mit mächtigem Appetit.

Lokalität: nesenbach
Dorotheenstraße 6
70173 Stuttgart
Tel.: 0711/1889034

Sonntag, 13. Oktober 2019

Freier Abgang dank Freistatthülse ****

















Vom feindlichen "badischen Kniebis" kommend, wagen wir die Einkehr in das historische Waldgerichtsgebäude in Dornstetten. Hier wurde schon Vierzehnhundertdunnemal über unerlaubte Holznutzung, frevlerisches Fallenstellen oder die Versetzung von Grenzsteinen Gericht gehalten.

Verurteillte durften jedoch binnen 48 Stunden fliehen, wenn es ihnen gelang, eine Hand in die "Freistatthülse" zu legen. Heutzutage undenkbar - hat man bei diesen Portionen doch beide Hände fest am Besteck zu halten. So gelingt uns nur der Abgang in ein Dormitorium ins benachbarte Freudenstadt.

Menge: schier nicht zu bewältigen
Spätzle: hausgemacht
Käse: herzhafter Bergkäse
Zwiebeln: reichlich gedämpfte Gemüsezwiebelstreifen
Viskosität: dank Einsatz eines Salamanders ganz im Stile eines Omelettes: von oben kross überbacken, von unten sahnig unterlegt
Beilage: ein gefälliger Beilagensalat
Zubereitungszeit: der Salat wird nach 10 Minuten, die Spätzlepfanne nach 20 Minuten serviert
Abgang: ein feiner Himbeergeist (2,50 Euro) hilft bei der Verdauung
Preis: 12,50 Euro (inklusive Beilagensalat)
Bewertung:  Über das ehrwürdige Ambiente, die riesigen, herzhaften Portionen und den feschen Service wäre schon der Amtsvogt entzückt gewesen! Wir haben zwar freies Geleit, kommen jedoch allzu gerne wieder. 

Lokalität: Hotel-Restaurant Waldgericht
Familie Hebestreit
Grüntalerstrasse 4
72280 Dornstetten-Aach
Tel.: +49 7443/9627-0
E-Mail: info@waldgericht.de

Sonntag, 6. Oktober 2019

Spätzle auf Schienen ***

















Die Lobpreisung gleich vorneweg: dies sind die schnellsten und nobelsten Kässpätzle zwischen Alto Adige und Esslingen am Neckar. Frisch zubereitet im Speisewagen des ehemaligen TEE Rheingold, einer rollenden Legende der Wirtschaftswunderära. Serviert im komfortablen Ambiente zwischen braungestreiftem Plüsch und kugeligen Tischleuchten. Wie zurückgebeamt in die eigene 60er-Jahre-Kindheit.

Menge: überschaubar
Spätzle: gülden glänzend wie das Rheingold
Käse: vermutlich Emmentaler
Zwiebeln: reichlich superkrosse Röstzwiebeln
Viskosität: eher trocken
Beilage: die Winzigkeit eines kleinen Beilagensalates unter der Haube eines sahnigen Dressings
Zubereitungszeit: ein ungelüftetes Geheimnis
Abgang: leicht und unbeschwert
Preis: 12,50 Euro ohne / 13.50 Euro mit Speck
Bewertung: Kulinarisch zwar kein Höhenflug, doch atmosphärisch nicht zu toppen! Und grosse Hochachtung vor dem Küchenteam, das verkündet: "Tütenware suchen Sie vergeblich"

Lokalität: AKE-Rheingold
Reise "Meran - auf der Sonneseite Südtirols"
Rückfahrt von Steinach am Brenner nach Dortmund

Donnerstag, 26. September 2019

Sag mir Quindi, sag mir wann... **

















Im Windschatten des mächtigen Indoor-Freitzeitparks Sensapolis (und auch unter dessen Ägide)  befindet sich der Pizza-und-Pasta-Tempel Quindi, der sich gerne einen pseudo-italienischen Anstrich gibt. Mehrere Anläufe zu einem Besuch scheiterten bislang am eher unattraktiven Angebot und der noch unattraktiveren Lage, weit draussen vor der Stadt im Industriegebiet.

Doch heute erreicht mich der Lockruf der schwäbischen Mittagsempfehlung: Neben Maultaschen und einer zweifelhaften Pizza "Schwabenland" (mit Landjäger, Zwiebeln und Schmand) wird meine Leibspeise zur "Pasta der Woche" gekürt. Das muss getestet werden!


Menge: weitaus umfangreicher, als der erste Anblick vermuten lässt
Spätzle: sieht eindeutig nach Convenience aus
Käse: der eloquente Ober vermutet Gouda ("Wir haben hier bloss Gouda und Parmesan")
Zwiebeln: einige krosse Röstschnipsel
Viskosität: unspektakulär
Beilage: leider keine - der extra dazu bestellte Beilagensalat entspricht dem gängigen Mittelmaß
Zubereitungszeit: nicht ganz nachvollziehbare 25 Minuten
Abgang: eher belanglos
Preis: günstige 6,90 Euro (Kässpätzle als Mittagsangebot) + 3,00 Euro (kleiner Beilagensalat)
Bewertung: So leicht lasse ich mich doch nicht ködern: obwohl Menge, Preis und Service stimmen, sitzt mir latentes Unwohlsein im Nacken. Zu klinisch perfekt und massentauglich kommt diese Inszenierung daher...

Lokalität: Quindi
Melli-Beese-Straße 1
Flugfeld Böblingen/Sindelfingen
71063 Sindelfingen
Tel: 07031 20 48 53-60
E-Mail: welcome@quindi-restaurant.de

Sonntag, 8. September 2019

Darauf einen Ramazotti ***

 
Tag des offenen Denkmals. Hartnäckiger Landregen erzwingt einen Zwangshalt in der Alten Station, wo im letzten Jahrhundert noch die Hohenstaufenbahn vorbeischnaufte. Heute residiert hier der Italiener von Rechberghausen: Rigatoni auf der Karte, Ramazotti (Komma Eros) aus dem Lautsprecher. Dazu ein weltläufiges Ambiente mit schwarz-weißem Interieur und einer Stadtansicht von Amsterdam.

Menge: die Füllmenge dieser Pfanne (oder Suppenschüssel?) würde zwei Personen satt machen
Spätzle: offensichtlich Convenience
Käse: purer Emmentaler, der phänomenale Fäden zieht
Zwiebeln: reichlich Röstzwiebeln aus Eigenproduktion
Viskosität: mehr Suppe als Festkörper
Beilage: auch beim zusätzlich bestellten (üppigen!) Beilagensalat dümpeln die Bestandteile mehr im Thousand-Islands-Dressing, als dass sie davon benetzt würden
Zubereitungszeit: eine knappe Viertelstunde
Abgang: leichtes Sodbrennen erzeugend
Preis: 7,90 Euro (Käsespätzle) + 3,50 Euro (Beilagensalat)
Bewertung: Riesige Portionen mit hohem Soßenanteil und enormem Sättigungspotential. Ein Eldorado für sparsame Schwaben, auch wenn so viel Flüssigkeit nicht ganz meinem Gusto entspricht.

Lokalität: Alte Station
Bahnhofstraße 25
73098 Rechberghausen
Tel.: 0716/19830899
E-Mail: alte-station@t-online.de

Samstag, 24. August 2019

Wer dem Flusse folgt, kommt einmal an die See ***

  
















Die BUGA 2019 in Heilbronn kann zwar mit städtebaulichen und ökologischen Leistungen brillieren, eher nicht jedoch mit gastronomischen. Wessen kulinarische Ansprüche über Pizza und Soljanka hinausgehen, der sollte unbedingt in der Alten Reederei andocken. Mit Blick auf Neckar und vorüberziehende Schiffe kann man schwäbische Köstlichkeiten geniessen und sich an der internationalen Belegschaft erfreuen. Wie an der gut gelaunten thailändischen Servicekraft, die kichernd am Nachbartisch "Maulbacken" auftischt.

Menge: eine riesige Schüssel voll
Spätzle: kompakte Knöpfle
Käse: der Service hat keine Ahnung, die Spätzialistin vermutet eine Fertigmischung
Zwiebeln: die Karte übertreibt nicht: tatsächlich "geschmälzte und geröstete Zwiebeln"
Viskosität: eher trocken
Beilage: leider, leider keine - die in der Karte ausgewiesenen frischen Kräuter (=Schnittlauch) und eine gekochte Tomate müssen als Begleitung ausreichen
Zubereitungszeit: gut 20-25 Minuten
Abgang: ohne Beschwerden
Preis: 10,50 Euro
Bewertung: Grandiose Lage, maritime Stimmung, das einzige BUGA-Restaurant mit regionalen Spezialitäten. Dafür wird aber auch mutig die magische 10-Euro-Grenze überschritten - und das noch ohne Salat. Schade.

Lokalität: Alte Reederei
Am Neckaruferpark 20
74076 Heilbronn
Tel.: +49 (0) 71 31 / 3 82 80 41‬
E-Mail: mail@voltino.hn

Samstag, 17. August 2019

Und wo ist Frau Peters? ***

















In den 1980er und 90er Jahren waren "Frau Kächele & Frau Peters" ein kultiges Nonsense-Duo auf SDR, unter anderem gesprochen vom legendären Teflon Fonfara. Jahrzehnte später ist nun "Herr Kächele" aufgetaucht, möglicherweise verwandt oder verschwägert, jedoch unbedingt ohne Teflonbeschichtung, wenn man die zahlreichen Kupferkessel und -pfännle in der Deko beachtet.

Nach erstmaliger Sichtung in Stuttgart ist eine Kächele-Dependance seit einiger Zeit auch in der Böblinger Shopping-Mall Mercaden zuhause. Eine heimelige Alternative zu all den Döner- und Asia-Büdchen rundherum.

 Menge: deutlich mehr als ein Snack, doch etwas weniger als eine üppige Mahlzeit
Spätzle: natürlich von Herrn Kächele selbstgemacht
Käse: ein spezieller "Spätzleskäs"-Mix aus Bergkäse und Emmentaler
Zwiebeln: crispy Röstzwiebeln, vermutlich fertig hinzugekauft
Viskosität: tendenziell sahnig-kompakt
Beilage: etwas Pflücksalat und herrlicher Gurkensalat (mit viel Dill), auf demselben Teller angerichtet
Zubereitungszeit: gefühlte 5 Minuten (bei Show-Cooking mit teilweise vorbereiteten Bestandteilen)
Abgang: geschmeidig
Preis: günstige 6,50 Euro
Bewertung: Mögliche Vorbehalte gegenüber Fastfood schmelzen dahin wie das Fett in der unbeschichteten Pfanne. Herr Kächele hat durchaus Kult-Potential, auch ohne seine Frau.

Lokalität: Herr Kächele
Mercaden
Wolfgang-Brumme-Allee 27
71034 Böblingen
Tel.: 07031/6333477
E-Mail: post@herr-kaechele.de

Dienstag, 6. August 2019

Der Gesundheitsminister warnt

Achtung: die verdächtige Lücke in meiner Kässpätzle-Chronologie ist mitnichten erlahmendem Interesse, sondern der vergangenen Hitzeperiode geschuldet. Dennoch halte ich ständig meine Fühler nach neuen Erfahrungen ausgestreckt.

So wurde in der formidablen Büchertauschbörse im Nufringer Rathaus dieses Fundstück gesichtet (aus: Volker Klüpfel / Michael Kobr: Zwei Einzelzimmer, bitte!):




Samstag, 8. Juni 2019

Metzge meets Schickeria **

 
















Was früher eine Metzge war, ist heute eine Bistro-Bar. Mitten im fränkisch-fleischlastigen Bad Windsheim hat die alt eingessene Metzger-Familie Hahn ziemlich viel Geld in die Hand genommen und ihren Betrieb einmal auf links gedreht. Nun rennen ihnen Einheimische wie Touristen begeistert die Bude ein. Und: vegetarische Schmankerln sind nicht nur Verlegenheitslösungen, sondern fester Bestandteil des aktuellen Angebots.

Menge: das komplette Gericht wird übersichtlich und handlich auf einer länglichen Platte drapiert
Spätzle: eher Knöpfle, wie wir es aus Bayern oder Vorarlberg kennen
Käse: trotz überraschend würzigem Aroma handelt es sich um einen schlichten Emmentaler
Zwiebeln: crispy Convenience-Röstzwiebel-Topping
Viskosität: trocken bis bröselig
Beilage: der Beilagensalat entpuppt sich eher als kleine Salatbeilage, dafür frisch und knackig, mit leichtem Dressing
Zubereitungszeit: die fertigen Kässpätzle warten schon im Front-Cooking-Bereich auf uns
Abgang: leicht stopfend
Preis: 8,50 Euro (inklusive Salatbeilage)
Bewertung: Selten werden Fastfood und Schnellrestaurant so trendy, chic und scheinbar urwüchsig  zelebriert. Leider sind die Spätzle kalt, bis sie den Weg auf meinen Terrassenplatz gefunden haben.

Lokalität: Leo Bistro & Metzgeria
Kegetstraße 6
Bad Windsheim
Tel. 0172/6661931

Montag, 3. Juni 2019

The local Gouda Geheimnis ***

















Mit The Local hat sich das Sindelfinger Marriott Hotel ein sinniges Wortspiel ausgedacht - changierend zwischen netter Stammkneipe und regionalen Genüssen. Denn wer sich zum Speisen nicht ins habhafte hoteleigene Steakhouse begeben möchte, kann sich fortan sehr leger im luftigen Ambiente dieses Erlebnisraumes niederlassen.

Neben Burger, Chicken Wings und Spare Ribs darf man hier ruhig auch mal schwäbisches Soulfood erwarten. Meine Leibspeise findet sich zwar nicht auf der Karte, wird auf meine Anfrage hin jedoch mutig aus den "Small local bites" ("Meatballs meets Swabian cheese noodles") extrahiert. Der Flexibilität des Kochs sei gedankt!


Menge: ausreichend
Spätzle: Convenience
Käse: offenbar Gouda (was eigentlich ein Geheimnis ist, wie uns die jugendliche Servicedame insgeheim eröffnet)
Zwiebeln: knurpselige Fertigröstzwiebeln, wie sie Hotdogs gut zu Gesicht stehen würden
Viskosität: sahnig-suppig
Beilage: kleiner Beilagensalat, in ebenso kleiner Suppentasse serviert: einige Blätter grüner Salat, zwei Cherrytomatenhälften, zwei Stückchen Zwiebel - schmackhaft angerichtet mit einer würzigen Senf-Vinaigrette
Zubereitungszeit: eine knappe Viertelstunde
Abgang: füllig
Preis: 15,00 Euro (inklusive kleinem Beilagensalat)
Bewertung: Bei aller Wertschätzung dieser exklusiven Sonderanfertigung, bewegt sich das Resultat doch eher im gefälligen Mittelbereich (bei nicht ganz angemessenem Preis). Angenehm versöhnt werden wir dagegen durch das runderneuerte Marriott-Ambiente im skandinavischen Stil.

Lokalität: The Local
Mahdentalstr. 68
71065 Sindelfingen
Tel. +49 7031 6960

Samstag, 11. Mai 2019

Von der Tauber an den Nesenbach ***

















Tauberquelle? Liegt Stuttgart nicht eher an Neckar und Nesenbach? Und die Quelle der Tauber gut 100 Kilometer entfernt? Naja, seien wir nicht traditioneller als Thaddäus Troll und lassen wir beim Lokalnamen ruhig mal alle Erdkundekenntnisse ruhen.

Das traditionsreiche Stuttgarter Restaurant kann zumindest als verlässlicher Quell urschwäbischer Küche gelten. Und das in einem gemütlichen Ambiente ohne anbiederndem Lokalkolorit. Zwar herrscht bei kühlem Wetter drängende Enge im Gastraum, doch dabei kommt man gerne seinem Nebensitzer näher. Der lässt uns sogar von seinem Serviettenknödel kosten.

Menge: hier stehen Hauptgericht und Beilage endlich mal in ansprechender Korrelation
Spätzle: schmecken hausgemacht
Käse: sollte diese herrlich fädenziehende, satt vollmundige und nicht zu sparsam verwendete Zutat tatsächlich nur schnöder Emmentaler gewesen sein? Kaum zu glauben!
Zwiebeln: das gab´s noch nie: die butterweich geschmälzten Zwiebeln liegen stückig im Spätzle-Käse-Konglomerat eingebettet - wie Gemüse in einem Omelett
Viskosität: elastisch
Beilage: ein sehr anständiger, reichhaltiger Beilagensalat mit würziger Vinaigrette, aber leider viel zu schlonzigem Kartoffelsalat
Zubereitungszeit: verdächtig kurze 5 Minuten, die die forsche Bedienung mit dem aufmunternden Kommentar begleitet: "Aber Sie hen doch Honger!"
Abgang: überraschend leicht
Preis: 11,90 Euro (inklusvie Beilagensalat)
Bewertung: Herzhafte Konsistenz, schmackhafte Zutaten und ein wohliges Gaumengefühl hätten Bestnoten verdient - wenn uns nicht die ultrakurze Zubereitungszeit etwas unangenehm aufstoßen würde.

Lokalität: Tauberquelle
Torstr. 19
70173 Stuttgart
Tel.: +49 (0) 711 5532933
E-Mail: info@tauberquelle-stuttgart.de

Montag, 15. April 2019

Auf der Suche nach Mo ***


















Heutzutage wird man nicht mehr häufig in ein Esszimmer eingeladen. Und wer ist Mo? The Mothers of Invention? Ein ländlicher Ableger von Mos Eisley? Oder schlichtweg der coole Nickname des Besitzers?

Die Suche nach Mo treibt uns an einem Montagmittag ins kulinarisch eher vernachlässigte Schönaich. Das Esszimmer enpuppt sich als verwunderliches Crossover zwischen einem rustikalen amerikanischen Diner und der flitternden Glitzerwelt einer türkischen Hochzeit. Da wir die einzigen Gäste sind, kann sich ein sehr bemühter, fast serviler jugendlicher Kellner (Mo´s Grossneffe?) ganz und gar unserem Wohle widmen.

Menge: eine üppige Portion
Spätzle:  vollschlank und vollmundig
Käse: Gouda
Zwiebeln: fein angeschmelzte Zwiebelstreifen
Viskosität: extrem sahnig
Beilage: eine sparsame Deko von relativ geschmacksneutralen Bauteilen eines Beilagensalats - mit einem Klacks roséfarbener Cocktailsauce
Zubereitungszeit: relativ rasche 12 Minuten
Abgang: die gehaltvolle Sahnebombe stopft enorm
Preis: 8,80 Euro inklusive Salatdekoration plus 0,2 Liter eines Softgetränks (als Mittagstisch-Angebot)
Bewertung: Nach diesem Besuch sind Augen und Magen dermassen gestättigt, dass wir unverzüglich aufs heimische Canapée niedersinken.

Lokalität: Mo´s Esszimmer
Bahnhofstr. 8
71101 Schönaich
Tel. 07031 9227321
E-Mail: info@mos-esszimmer.de

Sonntag, 7. April 2019

Angewandte Lebensfreude ***

















Hier röhrt noch Rory Gallagher und ächzt AC/DC. Zumindest revivalmässig. Fernab jeder grösseren Metropole und weit draussen auf der Alb hat sich eine Alternativ-Kultur erhalten, deren Ambitionen alle Zeitläufte überstehen. Hier fühlt man sich glatt noch in seine Jugend und die 80er Jahre des letzten Jahrhunderts zurück gebeamt.

Der "Verein für angewandte Lebensfreude" betreibt unter wechselnder Ägide im sonst eher verschlafenen Meidelstetten das Gasthaus Adler, dem durchaus noch die ursprüngliche Dorfwirtschaft anzusehen ist. Mit entwaffnender Natürlichkeit kommen hier saisonale und regionale Produkte zum Einsatz, ohne dass man einen grossen Bohei daraus machen würde.

Menge: selbst die kleine Portion ist noch gehörig
Spätzle: "Natürlich hausgemacht", wie man uns mit Inbrunst versichert
Käse: offenbar ein spezieller Spätzles-Käs-Mix (der Gastro-Grosshandel grüsst)
Zwiebeln: reichlich krosse Röstzwiebeln
Viskosität: elastisch
Beilage: unter der unspektakulären Oberfläche offenbart der Beilagensalat wahre Schätze: ultrafein geraspelte Möhren-, Rettich- und Zucchinistreifen, zarte Gurkenscheibchen, knätischiger Kartoffelsalat, junger Blattsalat - mit einem leichten Dressing wie einst bei Muttern Käthe
Zubereitungszeit: geschätzte 20 Minuten
Abgang:  das späte Mittagessen sättigt bis tief in die Nacht hinein
Preis: 9,40 Euro für die kleine Portion (inklusive Beilagensalat)
Bewertung: Ehrliche Küche mit leicht weltläufigen Anklängen - und wenn es nur der Chilifaden als Deko über den schwäbischen Spätzle ist. "Schmeck den Süden" ist natürlich auch im Spiel.

Lokalität: Gasthaus Adler
Kirchgässle 3
72531  Hohenstein-Meidelstetten
Tel: 0 73 87 / 98 88 94
E-Mail: info@adler-meidelstetten.de

Samstag, 6. April 2019

La vie en rose *****

 

















Selten offenbare ich meine Mission und lüfte den Inkognito-Schleier. Doch zwischen der Ankündigung meines Kommens und der tatendurstigen Ausführung liegen so viele Jahre, dass die Kässpätzle schon aus der Speisekarte verschwunden sind.

Das muss kein Hinderungsgrund sein. In der Küche mobilisiert man alle Kräfte und besonders das Knowhow eines Frankfurter Experten. Und das vollkommen unaufgeregt und ohne Diskussion. Bis zur Vollendung kühlen wir unseren Geist mit einem lauten Viva con Aqua, gefolgt von einem sensationellen Big Ben. Denn ein besonderes Fest will gefeiert werden: den 300. Beitrag dieses Blogs!

Menge: wie immer, wenn alle Sinne auf Hochtouren laufen, muss ich kapitulieren und schaffe nicht die ganze Portion
Spätzle: flachbrüstig, fast wie breite Nudeln anmutend
Käse: ein erstaunlich geschmacksintensiver Emmentaler
Zwiebeln: Röstzwiebeln können ad hoc nicht herbeigezaubert werden - doch von den alternativ angebotenen Schmelzzwiebeln mit unterschwelligem Kräuteraroma (ich tippe auf Thymian) gebe ich mir die volle Ladung
Viskosität: geschmeidig
Beilage: der Salatteller vereint ein ganzes Bouquet vegetabiler Genüsse, die die Küche aktuell zu bieten hat: vor allem knackige Blattsalate und Sprossen, erdig aromatische Möhren- und Selleriestreifen, Ablinsen und getrocknete Tomaten, Kartoffelsalat und zwei Grissini als Topping
Zubereitungszeit: die Uhrzeit ganz aus dem Blick verlierend, erfreue ich mich an einem farbintensiven Amuse Buche von Wurzelgemüsen
Abgang: von einem Palmischbirnenbrand gekrönt
Preis: der bleibt allseits ein Geheimnis
Bewertung: Was länge währt, wird endlich gut. Flankiert von weiteren kulinarischen Genüssen und önologischen Offenbarungen gerät der Rose-Abend zum unvergesslichen Erlebnis. Daher einen Gruss zurück an die Küche und besten Dank für die aussergewöhnliche Umsetzung meiens Wunschgerichts.

Lokalität: Bio-Restaurant Rose
Aichelauer Strasse 6
72534 Hayingen-Ehestetten
Tel.: 07383/94980
E-Mail: info@biorestaurant-rose.de

Dienstag, 12. März 2019

Würfel mit Ausblick ***


 





























Urbaner, zentraler, transparenter könnte sich ein internatinales Top-Restaurant kaum gebärden. Wer tatsächlich einen Tisch in vorderster Reihe ergattert, glaubt freischwebend über dem Stuttgarter Schlossplatz zu dinieren - Schwindelfreiheit vorausgesetzt.

Im vierten Stock des gläsernen Kubus treffen sich zur Mittagszeit Business People, japanische Touristen, bildungsbürgerliche Familien und Freundinnengrüppchen nach dem Stadtbummel. Die Kunst kann später kommen. Im Gegensatz zur hochpreisigen Abendkarte ist das Mittagsangebot durchaus finanzierbar.

Menge: eine etwas magersüchtige Mini-Portion
Spätzle: augenscheinlich durch die Spätzlespresse gedrückt
Käse: gefälliger Edamer
Zwiebeln: blond angeschmelzte Würfelchen mit einem Kresse-Topping
Viskosität: von cremiger Geschmeidigkeit
Beilage: keine - der extra hinzu bestellte Beilagensalat ist tendenziell fade, geschmacklos und nur nach ausgiebiger Benutzung von Salz- und Pfefferstreuer zu geniessen
Zubereitungszeit: just in time
Abgang: kaum spürbar
Preis: 9,90 Euro (plus 4,90 Euro für einen Beilagensalat)
Bewertung: Der sensationelle Ausblick und der adrette Service können kaum über die Dürftigkeit der Portion und den Mangel an Geschmack hinwegtrösten. Doch wir wissen den Genius Loci zu schätzen und drücken sämtliche Augen zu (auch angesichts der blendenden Mittagssonne).

Lokalität: CUBE Restaurant
Kunstmuseum Stuttgart
Kleiner Schloßplatz 1
70173 Stuttgart
Tel.: 0711 / 280 44 41
E-Mail: info@cube-restaurant.de

Donnerstag, 7. März 2019

Betende Hände ***



Im historistischen Nürnberg muss Altmeister Albrecht Dürer für alles mögliche herhalten: sein Konterfei auf Zinnkrügen und Bierhumpfen, am Flughafen und in Restaurants. Der allgegenwärtige Gebrauch seines Namens kann schon mal zu gastronomischen Verwechslungen führen. Doch Umwege erhöhen die Ortskenntnis.

Mit letzter Muskelkraft erklimmen wir den zweiten Stock des schmalen Fachwerkgebäudes. Alle Achtung: wer hier als Servicekraft werkelt, muss über athletische Durchtrainiertheit verfügen.

Menge: ausreichend
Spätzle: deftig und vollschlank
Käse: ein würziger Gruyére
Zwiebeln: leider wurde mit den krossen Schnipseln sehr gespart (beim nächsten Mal bitte mehr davon)
Viskosität: schlonzig
Beilage: grob geraspeltes Weiss- und Blaukraut in fruchtigem Orangendressing auf Blattsalatbett
Zubereitungszeit: fast eine halbe Stunde bei vollem Haus zur besten Essenszeit
Abgang: das Kraut-Gruyére-Konglomerat sorgt für respektable Blähungen
Preis: 10,60 Euro (inklusive Salatbeilage)
Bewertung: Gepflegtes Brauhaus mit fränkisch-kreativer Küche und günstigen Preisen.

Lokalität: Zum Albrecht-Dürer-Haus
Obere Schmiedgasse 58
90403 Nürnberg
Tel.: +49 (0) 911 211 449 40
E-Mail: info@zum-albrecht-duerer-haus.net

Freitag, 15. Februar 2019

Rottweil, schwarz-gelb ****

















Wer in der Fasnetszeit durch das geschmückte Rottweil spaziert, glaubt sich in der Fankurve von Borussia Dortmund. Dermaßen geblendet von schwarz-gelben Girlandenschmuck und halb betäubt vom lauten Klepfen, finden wir am frühen Nachmittag kaum ein offenes Lokal.

Welch Glück, dass uns das historische Rößle (neben dem Becher eines der ältesten Lokale der Stadt) geradezu mit offenen Armen empfängt - und mit einer beeindruckenden Geschichte. Hier hat zwar Napoleon noch nicht übernachtet, aber immerhin Herzog Carl Eugen mit seiner früheren Mätresse Franziska diniert. Und das schon vor 230 Jahren!

Menge: wer kann nur diese riesigen Portionen verdrücken? Wir nicht! Gut die Hälfte wird eingepackt.
Spätzle: sehr eierlastige und gehaltvolle, sattgelbe Hausmacherware
Käse: heute ein Lindenberger pur - ansonsten zuweilen ein Mix mit Emmentaler
Zwiebeln: ein Berg aus sanft geschmelzten Gemüsezwiebelringen legt sich wie eine schützende Decke über die Kässpätzle
Viskosität: eher trocken, mit phänomenal langen Käsefäden
Beilage: wo andernorts gespart wird, gehört hier selbstverständlich ein üppiger Salatteller mit frischen Blattsalaten, knätschigem Kartoffelsalat und würzigen Weisskraut-, Karotten- und Rettichstreifen zum Arrangement
Zubereitungszeit: die aromatische Flädlesuppe als Vorspeise erreicht uns nach knapp 20 Minuten, der Hauptgang etwas später
Abgang: nach dieser Völlerei zwickt es an allen Ecken und Enden
Preis: 9,50 Euro inklusive eines riesigen Beilagensalates
Bewertung: Mächtige Portionen zu unerwartet günstigen Preisen. Dazu ein bodenständiges, ungestyltes Ambiente wie aus unserer Jugendzeit. 

Lokalität: Gaststätte Rößle
Waldtorstraße 25
78628 Rottweil
Tel. 0741/9429969     

Mittwoch, 13. Februar 2019

Heimspiel mit zwei Duisburgern ****


















Allein die Tatsache, dass man nach der abendlichen Schließung des Daimler-Benz-Museums sehr lange und sehr vergebens auf den komplett im Stau stehenden Bus wartet, lässt einen die famosen Erfindungen von Daimler, Benz und Maybach glatt wieder verteufeln.

Zur Überbrückung der Wartezeit führt uns eher Verzweiflung als Überzeugung ins nahe gelegene VfB-Clubrestaurant. Das wurde erst vor einem Monat komplett umgekrempelt und vom renommierten Gastronomen Michael Braun einem Relaunch unterzogen. Das Lokal ist noch so neu, dass es noch nicht einmal eine Homepage besitzt. Dafür aber mächtig Zulauf. Und obwohl geradezu der Bär steppt, geleitet uns eine gut gelaunte Servicedame sehr charmant zu einem noch freien Tisch auf der Empore. Mein Herz macht Freudensprünge, besonders als es die schwarzen Ledertischdecken entdeckt (wie von Vater Hans geschaffen).

Menge: vom Fassungsvermögen eines opulenten Pfännchens
Spätzle: augenscheinlich Convenience-Ware
Käse: auch wenn der aufgeweckte Kellner erst auf Emmentaler tippt, steckt ein aromatischer Bergkäse dahinter
Zwiebeln: einige kräftig mit Paprikapulver eingestäubte angeschmelzte Zwiebelsteifen
Viskosität:  angenehm geschmeidig, aber nicht sahnig-schlonzig
Beilage: der selbstverständlich dazu gereichte Beilagensalat ist der Hit: ein fruchtig-oliviges Dressung umschmeichelt frische Pflücksalate, halbe Cocktailtomaten, Zwiebelwürfelchen und knackige Croutons
Zubereitungszeit: obwohl der Laden brummt, lediglich eine Viertelstunde
Abgang: macht pappsatt und ruft nach einem Verdauungs-Willy
Preis: sehr angemessene 11,00 Euro
Bewertung: Das macht Spass: ein ansprechender Mix aus verschiedenen Geschmacksrichtungen, Texturen und Konsistenzen, serviert von einem gut gelaunten Serviceteam in einem neu arrangierten Ambiente. Seit unserem letzten Besuch im Jahre 2010 hat sich doch viel getan.

Lokalität: VfB Clubrestaurant by braun
Mercedesstr. 109
70372 Stuttgart
Tel.  0711/57718870

Freitag, 1. Februar 2019

Terminal 2 **

 















Networking, Pitching, Meet & Greet - das macht hungrig und lässt sich nicht unbedingt an einem coolen Foodtruck auf dem diesjährigen Start-up BW Summit aussitzen. So erscheint ein kleiner Abstecher zum nahen Flughafen gastronomisch weit erfolgversprechender.

Hier betreibt die Confiserie-Dynastie Leysieffer (unter der Ägide von Wöllhaf-Gastroservice) ein hübsch inszeniertes Bistro: der Service adrett schwarz-weiß gekleidet, die Bestelltheke an einen schmucken Marktstand erinnernd, das Ambiente auf Vintage getrimmt. Von der Optik sollte man sich allerdings nicht allzu blenden lassen.

Menge: recht überschaubar
Spätzle: gefällige, geschmacksneutrale Fertigware
Käse: Emmentaler
Zwiebeln: würzige Convenience-Schnipsel mit aufgepimpten Röstaromen
Viskosität: suppig
Beilage: das auf dem gleichen Teller gereichte Salatschälchen wirkt auf den ersten Blick vernachlässigbar, überrascht jedoch mit frischem Blattsalat, sowie recht brauchbaren Tomaten- und Gurkenscheiben (in der Summe fast voluminöser als die Kässpätzle)
Zubereitungszeit: kommt schon 3 Minuten nach der Bestellung auf den Tisch, wie geradewegs vom Himmel gefallen
Abgang: fast umgehend kehrt bohrender Hunger zurück
Preis: 11,20 Euro inklusive Salatbeilage
Bewertung: Überteuertes Fastfood für Vielflieger mit Schwaben-Heimweh. Die sparsame Portion ist was für den hohlen Zahn, die Konsistenz taugt gar für Zahnlose.

Lokalität: Leysieffer - Stuttgart Airport
Flughafenstraße
70629 Stuttgart
Tel. 0711 / 94 82 721

Montag, 21. Januar 2019

Leibspeisung ***

 
















Nein, dieser Restaurantname ist keine Verballhornung der Speisemeisterei, eher eine Wortspielerei und Schmeichelei, möglicherweise gar gipfelnd in leichter Völlerei. Etwas kokett und kapriziös verkündet schon die Homepage das gleichermaßen nebulöse wie rätselhafte Motto: "Dem LEIBSPEIS- Gericht nach Wunsch vom Gast".

Okay, der Gast sollte hier kein Erbsenzähler oder Rosinenpicker sein. Doch falls Kässpätzle zu seinen Leibspeisen zählen, liegt er nicht ganz falsch. Das Restaurantambiente hat allerdings den anspruchsvollen Charme eines Showrooms der Möbelbranche. Das muss man mögen.Und sich nicht vom Speisen ablenken lassen.

Menge: mehr als der hungrige Gast vertilgen kann
Spätzle: buttrig und vollmundig
Käse: ein rezenter Mix aus Emmentaler und Bergkäse
Zwiebeln: einige würzig geschmelzte Streifen als Topping
Viskosität: tendenziell eher trocken - notorischen Sößlesschlotzern sei deshalb die fakultative Variante mit Rahmsauce anempfohlen
Beilage: standardmäßig ohne, ein aparter Beilagensalat kann auf Wunsch sehr günstig dazu geordert werden
Zubereitungszeit: gefühlt kaum eine Viertelstunde
Abgang: macht pappsatt und sorgt zusammen mit einem am späten Vormittag genossenen Cappucino für reichlich Auftrieb
Preis: 9,20 Euro (Kässpätzle) plus 2,00 Euro (kleiner Beilagensalat)
Bewertung: Die etwas zu angestrengte Originalität und Kreativität des Lokals steht in hehrem Kontrast zur soliden Küche mit regionalen Wurzeln und heimischen Gerichten. Meine Leibspeise kommt immerhin sehr traditionell daher.

Lokalität: Leibspeiserei Altdorf
Alemannenstr. 2
71155 Altdorf