Donnerstag, 28. November 2019

Pasta aller Länder vereinigt euch **

 


 Klar. Ganz klar. So etwas endet nie gut. So war es ja schon immer in diesem Lokal - irgendwann übersiehst du es ganz einfach: sei es Deinen Tischbarn, sei es den Überblick eigener getrunkener Biere oder schlichtweg den Tresen. Oder gar am Ende die Bedienung Dich.
War dies in den Achtzigern noch Zigarrettendunst, einem dicht gedrängt stehendem Publikum oder der andauernd plappernden Berliner Schnauze geschuldet, ist es nun die überbordende Anzahl von Wandtellern, Kiezromantik (oder was Lieschen Müller dafür hält) und „very typical German“- Kitsch (im Allgemeinen) sowie ein Lichterkettenmeer, Weihnachtsnippes (im Besonderen). Heutzutage werden bevorzugt „Berliner Leber“ oder „Wiener Schnitzel“ vom juppiisierten Publikum geordert, um dann beim Servieren mit einem „Oh! Ooh, oh my god“ bestöhnt zu werden. Wir bleiben standhaft, im Dienste dieses Blogs.

Menge: eine derart überschaubare und Appetit anregende Portion hat es verdient, im direkten Nachgang noch mit einer Bulette&Brot nachgeordert zu werden
Spätzle: Die Berliner Gentrifzierung hat am Savignyplatz endlich auch Einzug in die Küche gehalten. Oder wie ist es zu erklären, dass eine Melange gefühlt sämtlicher Nudelsorten der Hauptstadt unter die Spätzle kommen? Kein Witz: u.a. grüne Bandnudeln (!) pimpen meinen Spätzleteller auf. Pasta aller Länder - vereinigt Euch (60% Spätzle-Anteil, 40% andere Nudelproben) - alles Convenience-Ware, versteht sich wie von selbst
Käse:  müde und kaum Fäden ziehender, langweiliger Gouda mit merkwürdig süßlichen Aromen (Wollstrümpfe am Kachelofen), schmeckt stumpft
Zwiebeln: als grüne Lauchzwiebelringe unter der Pastapampe erkennbar. Der Klassiker, ein Zwiebeltopping, war auch nach eingängiger Recherche nicht erkennbar. Wahrscheinlich zum Salatdressing übergelaufen.
Viskosität: jetzt erst verstehe ich endlich die sprachliche Nähe zu Viskose! Samtig, fast schon schmierig kommt die Masse daher. Wäre diese Mahlzeit ein Pullover, man würd sie lieber streicheln statt essen.
Beilage: die Süßaromen des tausenden Inseln-Fertighausdressings plempertn geschmacklich alles zu. Wobei „alles“ nicht mehr bedeutet als „drei Achtelschnitz Tomate, fünf Blättchen Salat, zwei Strünke Ackersalat und den artigen Porzellanteller.
Zubereitungszeit: Und da sage noch einer etwas über die Geschwindigkeit der Berliner bei der Maloche! Verdächtig stramme fünf Minuten (einmal Toilettengang inklusive Händewaschen - schon steht bei der Rückkehr ein dampfender Teller am Tisch)
Abgang: so wie ich herkam - durch die Türe. Ansonsten aufgrund mangelnder Mengenlehre nicht wirklich bewertbar. Ein gutes Ducksteiner sorgt für schnelle Spülung.
Preis: Euro 11, 80 (plus Euro 3,50 für die Solo-Boulette)
Bewertung: Längst eine alte Erkenntnis. Lokalbesuche, der eigenen blumigen Erinnerung geschuldet, bringen es echt nicht.  Solche, sagen wir mal, gastronomischen Ausflüge wären ja noch lachhaft bis reizvoll, wenn alte Gefährten des letzten Jahrtausends wie Landgraf, Raimund oder Nalbach Uli anwesend wären. Aber jetzt: nur noch traurig (weil die Gefährten von einst in Dir nicht mal über den müd gewordenen faden Käsespätzletellerrand blicken).

Nächste Erkenntnis: überlasse das, was gentrifizierte Globalreisende für den Kiez halten, der Lächerlichkeit eines 70iger Jahre Slades Songs, der Dir hier im vorweihnachtlichen Ohr erklingt: (...So here it is, Merry Xmas, everybody’s having fun....) Look to the future now, It's only just begun!

Letzte Erkenntnis. Behalte Dir deine besonderen und besonders lieb gewonnenen Orte Deines kleinen Lebens einfach in guter Erinnerung. Kehre nie wieder an den Ort Deiner Kneipenglückseligkeit zurück. Du wirst ja nur reichlich enttäuscht sein. Oder gar im Empfinden von nicht vorhandenen Genüssen gar aufs Tiefste gekränkt.

Verlasse das Feld Deiner Erinnerungen und genieße. Woanders. Bitte!

Lokalität: Dicke Wirtin (am Savigny-Platz)
Carmer Straße 9
10623 Berlin
Telefon: 030/312 49 52
E-Mail: post@dicke-wirtin.de

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