Sonntag, 4. Oktober 2020

Einen Zacken in der Krone ****

 



 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Herrgottzack, hat sich die Krone gemausert! Vor einigen Jahren vergraulte uns noch ein grottenschlechter Service - heute liest er uns jeden Wunsch von den Augen ab! Die allgemeine Wertschätzung schlägt sich auch bei den verwendeten Lebensmitteln und Zutaten nieder. Alles erste Sahne -  die übrigens, ganz nebenbei, auch der Käse(spätzle)mischung untergemengt wird.

So gerät ein Besuch bei Heiner Beuttler und seinem sensationell beeindruckenden, ständig wachsenden Antiquariat in Hoheneck zu einem rundum gelungenen Sonntagsausflug. Was wir an Menge dem Büchertempel spenden, legen wir an Volumen beim Schmausen in der Krone wieder zu. Ein wohl niemals endender Kreislauf.

Menge: ja, ich will einen Seniorenteller!
Spätzle: Vom Krone-Koch mit eigener Muskelkraft handgedrückt
Käse: ein gelungener Mix aus Emmentaler und Bergkäse
Zwiebeln: geschmälzte (mit der vagen Anmutung von Sauerkraut) und kross angeröstete Zwiebelstreifen im Duett
Viskosität: das hat Seltenheitswert und erinnert an ein fluffiges Omelett: innen locker-schmelzig, von aussen knusprig braun in der Pfanne angebraten und gewendet - einfach grandios!
Beilage: ein vielfältiger, im Glas angerichteter Beilagensalat aus knackigen Sprossen, frischen Blattsalaten, fein geraspelten Möhren, rezenten Rettichstreifen und einem leider etwas faden Kartoffelsalat
Zubereitungszeit: gute 20 Minuten
Abgang: im Ansatz leicht grummelnd, später nachhaltig sättigend
Preis: alle Achtung, die hiesigen stolzen Preise toppen selbst die Haubenküche der Traube Tonbach  - 17,50 Euro für die Standardportion/ 15,50 Euro für eine kleine (respektive Senioren-)Portion
Bewertung: Feine Zutaten und eine außergewöhnliche Darreichungsform, aufmerksamer Service und ein stimmungsvoller Neckarblick machen diese Kässpätzle zum Erlebnis.

Lokalität: Krone Alt-Hoheneck
Untere Gasse 44
71642 Ludwigsburg-Hoheneck
Tel.: 07141/2394877
Mail: 
info@kultur-althoheneck.de

Montag, 28. September 2020

IBM reloaded ***


 



 

 

 

 

 

 


 

Eh in diesem unheilvollen Jahr die Heizpilze aus dem Boden schießen, gilt es noch ein letztes Mal die pure Outdoor-Gastronomie zu genießen! Das gern besuchte IBM Clubrestaurant lockt mit einer sonnigen Terrasse, luftigem Ambiente und großzügigen Abständen zwischen den Tischen.

Vieles hat sich seit den letzten Besuchen zum Positiven gewendet, ganz wie der Prolog der Speisekarte verkündet: "Im Mai 2020 haben wir uns dazu entschieden, einen Neustart zu beginnen. Unser Anreiz bei dem neuen Konzept war es, eine authentische, frische und moderne Küche zu präsentieren." Das dürfte mehr als gelungen sein! Wir staunen über farbenfrohes Geschirr, verfeinerten Geschmack, sichtlich grössere Portionen und wöchentlich ein attraktives veganes Gericht zum Mittagstisch. Und, oh Wunder: die Kässpätzle der Standardkarte sahen vor drei Jahren noch komplett anders aus!

Menge: üppigst und nur mit äusserster Anstrengung zu wuppen
Spätzle: vollmundig und vollschlank
Käse: wohl unverändert Emmentaler
Zwiebeln: Unmengen krosser Zwiebelstreifen (denen noch ein leichter Mehlgeschmack anhängt), sowie frischer roter Zwiebeln - eine super Kombination!
Viskosität: angenehm pastos
Beilage: leider standardmässig immer noch keine - ein kleiner Beilagensalat kann jedoch ganz kommod dazu bestellt werden
Zubereitungszeit: eine gefühlte Viertelstunde
Abgang: anhaltende Sättigung bis zum Abendessen
Preis: 8,60 Euro (Kässpätzle) + 3,90 Euro (kleiner Beilagensalat)
Bewertung: Ein gelungenes Beispiel dafür, wie selbst im aktuellen Krisenjahr ein erfolgreicher Neustart gelingen kann. Und wir dürfen verraten: nicht nur die Kässpätzle haben an Geschmack und Portionsgröße zugelegt!

Lokalität: IBM Klub Restaurant
Schönaicher Straße 216
71032 Böbligen
Tel.: 07031 / 27 22 47
E-Mail: info@ibm-klubrestaurant.com

Sonntag, 23. August 2020

Spätzle im Duett ***



 

 

 

 

 

 




Wieder einmal beweist sich Hausfreund Mike als verlässlicher Tippgeber und Co-Tester. In der altbekannten Sindelfinger Traditonswirtschaft Bierstadel hat der bisherige Patron Manne nach fast 40jährigem Einsatz den (Koch)Löffel abgegeben. Dass einer seiner Nachfolger - Besnik Gashi - zuletzt auf der Nordseeinsel Borkum am Herd stand, verwundert nicht. Durften wir kurz vor Juist doch die bislang nördlichste Kässpätzle-Variante testen. 

Im Sindelfinger Bierstadel indes wagt man keine Experimente und weicht nicht vom altbewährten Muster ab: Spätzle und Pfännle gehen immer. Kässpätzle-Fanatiker finden gleich zweierlei Dareichungsformen. Mal puristisch mit einem Beilagensalat, mal gemüsig aufgemotzt als "Marktpfännle".

Menge: passt!
Spätzle: zur äußeren Gestalt von breiten Nudeln tendierende Fertigware
Käse: eine nicht alltägliche Mischung aus Emmentaler, Gouda und Mozzarella
Zwiebeln: zu lätschig und zu wenig
Viskosität: geschmeidig und smooth
Beilage: mal mit einem kleinen bunten Beilagensalat, mal mit sahnigen Rahmchampignons und TK-Gemüse angereichert
Zubereitungszeit: überraschend kurz
Abgang: erst locker-flockig, später zunehmend beschwerlich
Preis: 11,20 Euro (mit Beilagensalat) / 11,80 Euro (mit Gemüse und Champignons als Marktpfännle-Gebinde)
Bewertung: Beide gefällige Mainstream-Varianten dürften die größtmögliche Schnittmenge aller Erwartungen bedienen: optisch hübsch angerichtet, geschmacklich ohne Extreme und Ausreisser. Doch nur Mut - wir wären auch Experimenten durchaus aufgeschlossen!
 
Lokalität: Restaurant Bierstadel
Pfarrwiesenallee 16
71067 Sindelfingen
Tel. 07031/8039-99
E-Mail: mail@bierstadel.de

Sonntag, 9. August 2020

Verwöhnen auf Bayrisch *****

 














Unversehens erweist sich eine Tour nach München als perfektes Spätzles-Schlemmerwochenende - und das in einem Jahr, das fast schon kulinarisch abgeschrieben war. Nach dem bislang heißesten Tag des Jahres heizen die Hundstage weiterhin ein und verwandeln einen schattigen bayrischen Biergarten zum idealen Aufenthaltsort. Auch wenn schon etwas Mut dazu gehört, bei Temperaturen um die 30 Grad der hochkalorischen Kässpätzlepassion zu folgen.

Menge: diese Portion übersteigt bei weitem mein Fassungsvermögen
Spätzle: zu herzhaften Knöpfle tendierende Hausmacherware
Käse: leider wurde auch der rustikale Bergkäse mit Sahne versetzt
Zwiebeln: superkross, superwürzig und wahrlich nicht zu wenig
Viskosität: zartschmelzend mit sahnigem Unterton
Beilage: ein knackig frischer Beilagensalat mit stückig geschnittener Paprika, Tomate, Gurke und Zwiebel, von Frisée-Salat gekrönt
Zubereitungszeit: geschätzte 20 Minuten
Abgang: ein wundervoller, nougatfülliger Haselnussgeist aus der Zamdorfer Hausbrennerei (4,50 Euro) streichelt den strapazierten Magen
Preis: 13,50 Euro (inklusive Beilagensalat)
Bewertung: Eine höchst charmante Bedienung und ein gepflegter Biergarten mit Kastanienbäumen runden den (fast) perfekten Kässpätzlesgenuss ab. Dass man in dieser Gegend gern zur Sahne greift, verzeihe ich generös.

Lokalität: Wirtshaus Zamdorfer Biergarten
Schwarzwaldstraße 2a
81677 München
Tel.: +49 89 916 921
E-Mail: info@wirtshaus-zamdorfer.com

Samstag, 8. August 2020

Reindl im Rohr ****


















Auf dem Weg von der Firma Rohi zum Münchner Moosfeld ist gegen einen Genuss-Abstecher bei Familie Rohrmoser nichts einzuwenden. Die haben nicht nur eine Reindl im Rohr, sondern eine Vielzahl bodenständig-bayrischer Schmankerl im Angebot. Fast ist man versucht, sich der Heilkraft des hiesigen Kurortes hinzugeben und seinen erhitzten Leib in einem der schmucken Gästezimmer der Reindlschmide abzulegen, wenn nicht weitere Missionen locken würden.

Menge: eine gewaltige Portion, bei der selbst ein hungriger Schmied passen müsste
Spätzle: hausgemachte Spatzen
Käse: Emmentaler mit reichlich Sahne
Zwiebeln: die knusprigen Röstzwiebeln können kaum leugnen, dass sie herzhaft in Mehl gewendet wurden
Viskosität: nach meinem Gusto etwas zu cremig-schlüpfrig
Beilage: trotz des günstigen Preises und der erschlagenden Spätzlemenge wird noch ein bunt gemischter Beilagensalat mit zusätzlichem Sahnedressing gereicht
Zubereitungszeit: rund eine Viertelstunde - und das bei einem proppevollen Biergarten
Abgang: es rumpelt und pumpelt gewaltig
Preis: haarscharf kalkuliert und knapp unter der magischen 10-Euro-Grenze liegend: 9,90 Euro (inklusive Beilagensalat)
Bewertung: Trotz der Überdosis Sahne (der ich mit einem Willi zu Leibe rücke) begeistern das sommerliche Biergartenambiente, die fixe Bedieung, der unschlagbare Komplettpreis - und nicht zuletzt der Genuss eines lange vermissten Leibgerichts.

Lokalität: Landgasthof Reindlschmiede
Familie Rohrmoser
Reindlschmiede 8
83670 Bad Heilbrunn
Tel.:  08046/285
E-Mail: info@reindlschmiede.de

Freitag, 24. Juli 2020

#venividivorarlberg *****





























Je länger die Hungerstrecke der erzwungenen Enthaltsamkeit, desto größer die Vorfreude auf das lang ersehnte Highlight. Doch schon der Weg ist das Ziel. Tatsächlich bedarf es 5 verschiedener Verkehrsmittel, 6 Stunden Fahrtzeit, 3 Mitreisender und 1 Grenzübertritt bis zum Aufstieg in den legendären Vorarlberger Käsknöpflehimmel, vulgo Jagdgasthaus Egender.

Das Geheimnis der regionalen Spezialität? Der würzige hiesige Bergkäse dürfte seinen unvergleichlichen Geschmack den saftigen Bergwiesen und dem Umstand verdanken, dass Schönenbach in einer der niederschlagreichsten Regionen Europas liegt. Selbstverständlich setzt der Regen während unseres Aufenthalts weiträumig aus und wir können - dank den glücklichen Interventionen unserer Organisatorin und Reiseleiterin Sabine - hochsommerliches Wanderwetter genießen.

Menge: der rustikale hölzerne Trog fasst vier großzügige Portionen
Spätzle: natürlich griffige Knöpfle, wie es hier üblich ist
Käse: eine gelungene Mischung aus örtlichem Bergkäse in dreierlei verschiedenen Reifegraden und einem Räßkäse
Zwiebeln: Crispy Röstzwiebeln im Übermaß
Viskosität: geschmeidig
Beilage: mit einem bunten Beilagensalat (Blattsalate, Tomate, Rettich, Weißkraut) flutschen die Käsknöpfle noch viel besser
Zubereitungszeit: im Handumdrehen
Abgang: die Konsultation der reizvollen Digestifkarte ist angebracht
Preis: 14,50 Euro (inklusive Beilagensalat)
Bewertung: Die Egender´schen Kässpätzle haben derartigen Kultcharakter, dass sie in jedem Reiseführer, Blog und Tourenplaner als (Geheim?)Tipp gehandelt werden. Vollkommen zu Recht! Eine Tischreservierung ist empfehlenswert, eine Übernachtung in einem der urwüchsigen Zimmer des Gasthauses ein unvergessliches Erlebnis.

Lokalität:  Jagdgasthaus Egender
Schönenbach 342
6870 Bezau
Tel. +43 5514 2888
E-Mail: info@jagdgasthaus-egender.at

Sonntag, 26. April 2020

Essen auf Rädern ***

















Wo einst Klemm´sche Leichtflugzeuge und Linienflüge für den Postverkehr starteten, schwärmt in Corona-Zeiten eine motorisierte Armada für den Essenslieferdienst aus. Nachhaltig, umweltbewusst und ohne soziale Kontakte - wie die Homepage des Check Inns vollmundig wirbt.

So erliegen auch wir in unserer "Splendid Isolation" dem Lockruf der Genüsse. Ermässigungen gegenüber der Standardkarte und ein kostenloser Bringdienst erweichen das Schwabenherz obendrauf. Wer weiss, wie lange uns der Shutdown noch zu solchen Übersprungshandlungen verleitet?


Menge: eine ansprechende, mehr als ausreichende Portion
Spätzle: schlank und soft
Käse: könnte Emmentaler sein
Zwiebeln: die angekündigten "Crunchy-Zwiebeln" scheinen sich auf den zusätzlich bestellten Roastbeef-Salat verirrt zu haben - dafür findet sich der dort annoncierte "junge Lauch" auf den Kässpätzle wieder
Viskosität: cremige Textur
Beilage: ein überraschend frischer, säurebetonter und vielseitig komponierter Beilagensalat aus Lollo Rosso, halbierten Cocktailtomaten, ausgehöhlten Gurkenscheiben, knackigen Sojasprossen - wobei Quinoa und Kürbiskerne für den Crunchy-Faktor sorgen, der andernorts fehlt
Zubereitungszeit:  unbekannt
Abgang: gefällig, angenehm und lange sättigend
Preis: 12,00 Euro (inklusive Beilagensalat) im Lieferservice
Bewertung: Die Herausforderungen eines Lieferdienstes werden mit Bravour gemeistert. Alle Bestandteile landen sauber verpackt, adrett arrangiert und fast termingerecht vor unserer Haustüre. Nur die ausgesparten sozialen Kontakte fehlen dann doch ein bisschen.

Lokalität: Check Inn Foodport
Liesel-Bach-Straße 10
71034 Böblingen
Tel. 07031/2053200
E-Mail: kontakt@check-inn.events

Dienstag, 11. Februar 2020

Ist denn schon Valentinstag? ***

 
















Hausfreund Mike, ausgewiesener Wirtschaftswissenschaftler, sowie langjähriger Weggefährte, Tippgeber und Co-Spätzialist, lädt in unregelmäßigen Abständen zum Heimspiel ein.  Drei Tage vor dem Fest der Liebe folgen wir erneut seinem Lockruf an den gepflegt dekorierten Esstisch. Nicht ohne eine gewisse Spannung: liegen unsere letzten Testessen (siehe hier und hier) doch schon etliche Jahre zurück.

Menge: zusammen mit diversen Nachspeisen mehr als ausreichend
Spätzle: aus extra Spätzlesmehl und feingemahlenen Steinpilzen handgefrickelte Hausmacherware - vermutlich wieder unter Einsatz der legendären Spätzleria
Käse: eine einzigartige Mischung aus Cheddar, Bergkäse und Emmentaler
Zwiebeln: skurril in Mehl gewendete und sehr crispy gebratene Onion Rings
Viskosität: tendenziell immer noch zu trocken und leider erst beim letzten Rest zu einer homogenen Melange zusammenschmelzend
Beilage: quasi aus dem Nichts heraus haben die geladenen Gäste einen ansprechenden Salatteller mit würzigen Blattsalaten, knackigen Radieschen, kräuterigem Kartoffelsalat und winterlichen Sprossen gezaubert
Zubereitungszeit: unbekannt
Abgang: nach einem kombinierten Dessert aus Negerkuss, Schokoladenkuchen und Eierlikör ist insgesamt ein robuster Magen gefragt
Preis: kostenlos, aber nicht umsonst
Bewertung: Außergewöhnliche Zutaten und wechselnde Variationen in der Zubereitung lassen einen nie versiegenden Ehrgeiz erkennen. Weiter so - wir kommen wieder!

Lokalität: Michael Kurt Beichert
Brandenkopfweg 14
1. Stock
71067 Sindelfingen
Telefonnummer und Mailadresse auf Anfrage

Donnerstag, 6. Februar 2020

Spätzle unter Arrest ***

















Mit NRW-Besuch im Schlepptau durchkämmen wir das vorabendliche Kirchheim auf der Suche nach bodenständiger Schwabenküche. Die Empfehlung einer Passantin führt uns zu einem vereinigten Pizza-Pasta-Spätzle-Kombinat, dessen einladender Service und aussergewöhnliche Historie unsere anfänglichen Bedenken jedoch aufzuheben scheinen. Wann diniert man schon mal in einem ehemaligen Polizeirevier?

PS. Fast wären wir mit unserem Bärenhunger wieder hier gestrandet.

Menge: hier muss sogar der hungrige Gourmand passen!
Spätzle: bestimmt nicht handgeschabt
Käse: leider 0815-Emmentaler
Zwiebeln: aromatisch und schön lätschig geschmälzt
Viskosität: zu trockener Festigkeit tendierend
Beilage: ein Beilagensalat, der mit seinen frisch gehobelten Blaukrautstreifen, den zarten Salatblättern und der sämigen Vinaigrette deutlich den Bewertungsschnitt hebt
Zubereitungszeit: keine Viertelstunde
Abgang: zieht mir am Abend komplett den Stecker und sorgt für lang sedierenden Tiefschlaf
Preis: 9,90 Euro (inklusive Beilagensalat)
Bewertung: Auch wenn die Riesenportion samt schmackhaftem Salat löblich unter der magischen 10-Euro-Grenze bleibt, enttäuscht die fade Adrettheit der Fertigspätzle.

Lokalität: Altes Wachthaus
Marktstr. 56
73230 Kirchheim unter Teck
Tel. 07021/42666
E-Mail: info@altes-wachthaus.de

Mittwoch, 5. Februar 2020

Ratlos und gewölbt im Kellergewölbe *


















Schon im Jahre 1474 logierte König Christian I von Dänemark in der altehrwürdigen Ratsstube zu Rothenburg ob der Tauber. Eine Inschrift an der Hauswand soll an jenen skandinavisch-königlichen Klausenbesucher erinnern. Oder gar warnen? Wir wissen: Mittelalterliches Essen war wohl weniger feinste Ess- und Genusskultur denn deftige Leibesstärkung. Und so finden wir uns über 500 Jahre später ebenfalls hier ein. Deftige fränkische Küche wird dem hungrigen und vom Regen durchnässten Tagesausflügler versprochen. Und schon finden wir uns im rustikalen, von Van-Dyke-Brauntönen dominierenden Kellergewölbe unter eltichen wieder.
Die Wahl fällt nicht schwer. Rustikal, deftig, königlich und unsere Leibspeise zudem -die Käsespätzle des Tagesangebotes sind schnell geordert.

Menge: Hätten wir auf die vielen zuvor abgelaufenen Gassen hinweisen sollen? Unser Fehler: Mittagstischangebote sind zumeist überschaubar. So auch hier und jetzt. Und unseren Hunger sieht uns leider nur das Servierpersonal an (*siehe auch unten, „Zubereitungszeit“).
Spätzle: Bestimmt nicht vor Ort erarbeitet. Dann schon eher Haus gemacht: 10 Kilo Tüte aufgerissen und rein in das Mikrowellengerät. Vom Industrieanlagen-Gewerbe-Stadtrand ins Ratskellerlicht. Die Mehlmasse ist nicht mehr als schwäbisch-fränkische Teigware wahrnehmbar. Gestatten die eine Frage an dieser Stelle: Kocht da noch jemand? Oder sucht der Ratskeller immer noch nach Personal (wie auf der Webseite nachzulesen)?

Käse: erwartet haben wir Deftigkeit, wie es sich in einer fränkischen Küche gehört. Erinnert hat uns das in der Mikrowelle gnadenlos überhitze käsige Irgendetwas jedoch allenfalls an einen überfahrenen, geschmackslosen altbackenen Strampelanzug.
Zwiebeln: keine!!! Ich buchstabiere: K wie Kummer, E wie Eeergernis, I wie Inkompetenz, N wie Nichts, E wie Ende. Unter reichlich Kopfschütteln findet sich doch noch Zwiebel: im Beilagensalat (, den weiters zu beschreiben nicht mal den Tastenanschlag auf dem Laptop lohnt)
Viskosität: eine in sich zusammen geklumpte Masse. Die Mikrowelle (- ich muss sie leider immer wieder bemühen – das Personal tuts ja auch! -) hat einfach zu lange gearbeitet und erhitzt. Messer und Gabel und rustikales Werkeln sorgen für den Trennvorgang dieses Klumpatsches.

Beilage: Schnitzchen Tomate, Blättchen Salat, Krautgedöns, und ansonsten reichlich Frechheit (so etwas zu servieren).
Zubereitungszeit: Fällt uns fast so schnell auf den Tisch wie eine mittelalterliche Guillotine, zack, bumm – eben klingelt noch die Mikrowelle, da steht schon der Teller. Der „Koch“, oder besser, „die Küche“ ist schneller als das gezapfte Bier, der Servierdienst ist schneller als sein Schatten (und unseren Toilettengang inkl. Händewäsche. (*siehe auch oben, „Menge“).
Abgang:
Kein Vergnügen. Wie ein Gewölbekeller, nur ohne Hirschgeweih. Darauf ein fränkisches Bier.

Preis:unter 10 Euro
Bewertung:
Ihr lieben nachkommenden Kochvasallen von König Christian I von Dänemark: ganz so viel Vintage und Küchenderbheit wäre echt nicht nötig gewesen. Auf dem zerkratzten Porzellan haben sicher schon unsere Vorfahren herumgeschafft, vor lauter Hunger. Beim nächsten Mal bestellen wir uns vielleicht eine Henkersmahlzeit? Gäbe sich die köchelnde Crew im Backoffice dann vielleicht mehr Mühe, was Quali- und Quantitäten anginge? Wir zögern, wir zweifeln, ein Wiederkommen? Lohnt nicht wirklich. Es sei denn, man sucht noch Anregungen dafür, wie man mit reichlich Hirschgeweih einen Gastraum antiquiert und unappetitlich ausdekorieren mag.



 
Lokalität: Ratsstube Rothenburg
Marktplatz 6
91541 Rothenburg ob der Tauber
 

Tel.: 0 98 61 - 55 11 
E-Mail: mail@ratsstuberothenburg.de


Fazit: 1 Stern (für so viel erlegtes Damwild an der Gewölbekellerwand). Wie Hohn klingt uns noch die hauseigene Werbung im Ohr ("... steht die Ratsstube wie kein anderes Haus in Rothenburg für echte fränkische Küche und Gastfreundschaft.") Bei aller Artigkeit und Wohlerzogenheit: selten so schlecht gegessen.