Dienstag, 11. Februar 2020

Ist denn schon Valentinstag? ***

 
















Hausfreund Mike, ausgewiesener Wirtschaftswissenschaftler, sowie langjähriger Weggefährte, Tippgeber und Co-Spätzialist, lädt in unregelmäßigen Abständen zum Heimspiel ein.  Drei Tage vor dem Fest der Liebe folgen wir erneut seinem Lockruf an den gepflegt dekorierten Esstisch. Nicht ohne eine gewisse Spannung: liegen unsere letzten Testessen (siehe hier und hier) doch schon etliche Jahre zurück.

Menge: zusammen mit diversen Nachspeisen mehr als ausreichend
Spätzle: aus extra Spätzlesmehl und feingemahlenen Steinpilzen handgefrickelte Hausmacherware - vermutlich wieder unter Einsatz der legendären Spätzleria
Käse: eine einzigartige Mischung aus Cheddar, Bergkäse und Emmentaler
Zwiebeln: skurril in Mehl gewendete und sehr crispy gebratene Onion Rings
Viskosität: tendenziell immer noch zu trocken und leider erst beim letzten Rest zu einer homogenen Melange zusammenschmelzend
Beilage: quasi aus dem Nichts heraus haben die geladenen Gäste einen ansprechenden Salatteller mit würzigen Blattsalaten, knackigen Radieschen, kräuterigem Kartoffelsalat und winterlichen Sprossen gezaubert
Zubereitungszeit: unbekannt
Abgang: nach einem kombinierten Dessert aus Negerkuss, Schokoladenkuchen und Eierlikör ist insgesamt ein robuster Magen gefragt
Preis: kostenlos, aber nicht umsonst
Bewertung: Außergewöhnliche Zutaten und wechselnde Variationen in der Zubereitung lassen einen nie versiegenden Ehrgeiz erkennen. Weiter so - wir kommen wieder!

Lokalität: Michael Kurt Beichert
Brandenkopfweg 14
1. Stock
71067 Sindelfingen
Telefonnummer und Mailadresse auf Anfrage

Donnerstag, 6. Februar 2020

Spätzle unter Arrest ***

















Mit NRW-Besuch im Schlepptau durchkämmen wir das vorabendliche Kirchheim auf der Suche nach bodenständiger Schwabenküche. Die Empfehlung einer Passantin führt uns zu einem vereinigten Pizza-Pasta-Spätzle-Kombinat, dessen einladender Service und aussergewöhnliche Historie unsere anfänglichen Bedenken jedoch aufzuheben scheinen. Wann diniert man schon mal in einem ehemaligen Polizeirevier?

PS. Fast wären wir mit unserem Bärenhunger wieder hier gestrandet.

Menge: hier muss sogar der hungrige Gourmand passen!
Spätzle: bestimmt nicht handgeschabt
Käse: leider 0815-Emmentaler
Zwiebeln: aromatisch und schön lätschig geschmälzt
Viskosität: zu trockener Festigkeit tendierend
Beilage: ein Beilagensalat, der mit seinen frisch gehobelten Blaukrautstreifen, den zarten Salatblättern und der sämigen Vinaigrette deutlich den Bewertungsschnitt hebt
Zubereitungszeit: keine Viertelstunde
Abgang: zieht mir am Abend komplett den Stecker und sorgt für lang sedierenden Tiefschlaf
Preis: 9,90 Euro (inklusive Beilagensalat)
Bewertung: Auch wenn die Riesenportion samt schmackhaftem Salat löblich unter der magischen 10-Euro-Grenze bleibt, enttäuscht die fade Adrettheit der Fertigspätzle.

Lokalität: Altes Wachthaus
Marktstr. 56
73230 Kirchheim unter Teck
Tel. 07021/42666
E-Mail: info@altes-wachthaus.de

Mittwoch, 5. Februar 2020

Ratlos und gewölbt im Kellergewölbe *


















Schon im Jahre 1474 logierte König Christian I von Dänemark in der altehrwürdigen Ratsstube zu Rothenburg ob der Tauber. Eine Inschrift an der Hauswand soll an jenen skandinavisch-königlichen Klausenbesucher erinnern. Oder gar warnen? Wir wissen: Mittelalterliches Essen war wohl weniger feinste Ess- und Genusskultur denn deftige Leibesstärkung. Und so finden wir uns über 500 Jahre später ebenfalls hier ein. Deftige fränkische Küche wird dem hungrigen und vom Regen durchnässten Tagesausflügler versprochen. Und schon finden wir uns im rustikalen, von Van-Dyke-Brauntönen dominierenden Kellergewölbe unter eltichen wieder.
Die Wahl fällt nicht schwer. Rustikal, deftig, königlich und unsere Leibspeise zudem -die Käsespätzle des Tagesangebotes sind schnell geordert.

Menge: Hätten wir auf die vielen zuvor abgelaufenen Gassen hinweisen sollen? Unser Fehler: Mittagstischangebote sind zumeist überschaubar. So auch hier und jetzt. Und unseren Hunger sieht uns leider nur das Servierpersonal an (*siehe auch unten, „Zubereitungszeit“).
Spätzle: Bestimmt nicht vor Ort erarbeitet. Dann schon eher Haus gemacht: 10 Kilo Tüte aufgerissen und rein in das Mikrowellengerät. Vom Industrieanlagen-Gewerbe-Stadtrand ins Ratskellerlicht. Die Mehlmasse ist nicht mehr als schwäbisch-fränkische Teigware wahrnehmbar. Gestatten die eine Frage an dieser Stelle: Kocht da noch jemand? Oder sucht der Ratskeller immer noch nach Personal (wie auf der Webseite nachzulesen)?

Käse: erwartet haben wir Deftigkeit, wie es sich in einer fränkischen Küche gehört. Erinnert hat uns das in der Mikrowelle gnadenlos überhitze käsige Irgendetwas jedoch allenfalls an einen überfahrenen, geschmackslosen altbackenen Strampelanzug.
Zwiebeln: keine!!! Ich buchstabiere: K wie Kummer, E wie Eeergernis, I wie Inkompetenz, N wie Nichts, E wie Ende. Unter reichlich Kopfschütteln findet sich doch noch Zwiebel: im Beilagensalat (, den weiters zu beschreiben nicht mal den Tastenanschlag auf dem Laptop lohnt)
Viskosität: eine in sich zusammen geklumpte Masse. Die Mikrowelle (- ich muss sie leider immer wieder bemühen – das Personal tuts ja auch! -) hat einfach zu lange gearbeitet und erhitzt. Messer und Gabel und rustikales Werkeln sorgen für den Trennvorgang dieses Klumpatsches.

Beilage: Schnitzchen Tomate, Blättchen Salat, Krautgedöns, und ansonsten reichlich Frechheit (so etwas zu servieren).
Zubereitungszeit: Fällt uns fast so schnell auf den Tisch wie eine mittelalterliche Guillotine, zack, bumm – eben klingelt noch die Mikrowelle, da steht schon der Teller. Der „Koch“, oder besser, „die Küche“ ist schneller als das gezapfte Bier, der Servierdienst ist schneller als sein Schatten (und unseren Toilettengang inkl. Händewäsche. (*siehe auch oben, „Menge“).
Abgang:
Kein Vergnügen. Wie ein Gewölbekeller, nur ohne Hirschgeweih. Darauf ein fränkisches Bier.

Preis:unter 10 Euro
Bewertung:
Ihr lieben nachkommenden Kochvasallen von König Christian I von Dänemark: ganz so viel Vintage und Küchenderbheit wäre echt nicht nötig gewesen. Auf dem zerkratzten Porzellan haben sicher schon unsere Vorfahren herumgeschafft, vor lauter Hunger. Beim nächsten Mal bestellen wir uns vielleicht eine Henkersmahlzeit? Gäbe sich die köchelnde Crew im Backoffice dann vielleicht mehr Mühe, was Quali- und Quantitäten anginge? Wir zögern, wir zweifeln, ein Wiederkommen? Lohnt nicht wirklich. Es sei denn, man sucht noch Anregungen dafür, wie man mit reichlich Hirschgeweih einen Gastraum antiquiert und unappetitlich ausdekorieren mag.



 
Lokalität: Ratsstube Rothenburg
Marktplatz 6
91541 Rothenburg ob der Tauber
 

Tel.: 0 98 61 - 55 11 
E-Mail: mail@ratsstuberothenburg.de


Fazit: 1 Stern (für so viel erlegtes Damwild an der Gewölbekellerwand). Wie Hohn klingt uns noch die hauseigene Werbung im Ohr ("... steht die Ratsstube wie kein anderes Haus in Rothenburg für echte fränkische Küche und Gastfreundschaft.") Bei aller Artigkeit und Wohlerzogenheit: selten so schlecht gegessen.