Donnerstag, 22. Februar 2018

Fenster zum (Bechtle-)Hof ****

 


Waldhäuser Ost war für mich immer die am häufigsten besuchte Ecke meiner Geburtsstadt. Dort wohnten entfernte Verwandte, dort lockte der Botanische Garten. Spannend wird es, wenn man in die unbekannten Tiefen des alten Fleckens Waldhausen vordringt: hier dampfen noch die Misthaufen, hier stapfen noch die Ackergäule durch das Dorf.

Wer mit etwas mehr PS anreisen möchte, kann den aussichtsreichen Feldweg allerdings nur wochentags passieren. Sonntags sind hier zu viele Spaziergänger mit akademischen Hintergrund unterwegs. Der Waldhäuser Hof hatte sicherlich nicht immer eine gastronomische Nutzung. Auch heutzutage blickt man von Terrasse und Fenster erst mal auf landwirtschaftliche Betriebe, einen Hofladen, eine Milchzapfanlage.

Menge: eine nicht zu bewältigende Riesenportion - für solche Fälle wird gleich auf der ersten Seite der Speisekarte eine Mitnahmebox für 1,50 Euro angeboten
Spätzle: die sind dermaßen hausgemacht, dass sogar der Teig von Hand geschlagen wurde (nicht unerheblich, wie ich von meiner Mutter weiß!)
Käse: ein Bergkäse mit einer Mischung von speziellem Spätzleskäs (Emmentaler, Gouda, Parmesan) - gibts beim Edeka!
Zwiebeln: kross gebräunte Röstzwiebeln in zweierlei Aggregatzuständen
Viskosität: der Käsemix zieht wundervolle Fäden, geradezu lehrbuchmäßig
Beilage:  so stellt man sich den idealen Beilagensalat vor: eine ehrliche, authentische Mischung aus ultrafrischen Blattsalaten, würziger Kresse, erdverbundener Möhre
Zubereitungszeit: die wird uns von einem wohlschmeckenden "Gruß aus der Küche" (Bauernbrot mit Kräuterfrischkäse) verkürzt - wär gar nicht nötig gewesen: der Briefkasten befindet sich direkt vor der Haustüre
Abgang: dank eines Haselnussbrands mit betörendem Nutella-Aroma aus dem Hause Theurer (5,60 Euro) ganz problemlos
Preis: 11,50 Euro
Bewertung: Wohlschmeckende, klassische schwäbische Küche auf hohem Niveau, mit hochwertigen Zutaten und authentischer Zubereitung. Aufmerksamer, entspannter, auskunftsfreudiger Service. Empfehlenswert als Ausflugsziel!

Lokalität: Waldhäuser Hof
Waldhausen 9 
72076 Tübingen
Tel: 07071 - 95 94 175
E-Mail: restaurant@waldhaeuserhof.de

Montag, 19. Februar 2018

Nunc est bibendum ***

 


Es bedarf schon gewiefter Recherchen, um am Mittelrhein - und zudem zur besten Fastenzeit! - ein zünftiges Lokal mit Allgäuer Kässpätzle im Angebot zu finden. Zwar ist dem Rheinländer an sich ein Brauhaus nicht fremd, doch dort sind eher Halver Hahn und Reibeküchlein angesagt.

Das Bonner Wirtshaus Salvator wirkt wie geradewegs vom Münchner Marienplatz hergebeamt, inclusive Schweinshaxen und Starkbier. Die kernigen bayrischen Sprüche an den Wänden werden allerdings noch von einer Reminiszenz an die römische Vergangenheit von Bonna getoppt: Nunc est bibendum - später auch als beliebter Trinkspruch in studentischen Verbindungen benutzt!

Menge: eine immense Portion, an der ich - trotz mächtigem Hunger - letztendlich doch scheitere
Spätzle: vollmundig, vollschlank, mollig
Käse: das Servicemädel federt energiegeladen zur Küche und kommt mit erstaunlichem Resultat zurück: verwendet wird ein Emmentaler der Marke "President"  (mengenmäßig gefühlt ein 500-Gramm-Klotz)
Zwiebeln: grob geschnittene und würzig gebräunte Zwiebelscheiben (vermutlich von überdimensionalen Gemüsezwiebeln)
Viskosität: von breiig-rahmiger Suppenkonsistenz
Beilage: ein vom Sahnedressing förmlich etränkter, ansonsten geschmacksneutraler und nicht sehr ideenreicher Beilagensalat
Zubereitungszeit: 20 Minuten
Abgang: fühle mich um mindestens 2 Kilo schwerer
Preis: 9,90 Euro (inklusive Beilagensalat)
Bewertung: So beeindruckend die schiere Menge und so deftig der Käse, so ambivalent war doch der Service und geradewegs grottenschlecht der Salat.

Heinrich Knieps 
In der Sürst 5-7
53111 Bonn
Tel: 0228/94499200
E-Mail: info@salvator-bonn.de

Donnerstag, 15. Februar 2018

Von hinten Lyzeum, von vorne Museum ***

















Nach langer Krankheit und Appetitlosigkeit treibt uns die Rekonvaleszenz nun erstmals wieder in die Gasthäuser. Welche Stadt könnte - Gesundung und Genesung betreffend - heilsamer sein als mein Geburtsort Tübingen?

Die Klientel des Restaurant Museum bewegt sich altersmäßig in ebenselbigem - durchsetzt von einigen Nadelstreifen-Jung-Honoratioren beim Business-Lunch.  Hier muss ich mir an  meinem Katzentisch erst mal entsprechenden Respekt verschaffen. Nachdem dies gelungen ist, dienert sich die übereifrige Servicedame so bemüht und devot davon, dass man ihr am liebsten mal den Blutdruck messen würde. Der meinige entspannt sich auf jeden Fall verlässlich, nachdem die Speisen endlich auf dem Tisch sind. 

Menge: was erst mal beschämend dürftig aussieht, entpuppt sich zusammen mit einem üppigen Salat vom Büffet als nachhaltig sättigend
Spätzle: selbstredend hausgemacht
Käse: der ideale Mix aus Bergkäse und Emmentaler
Zwiebeln: grazil geschnittene Ringe von Frühlingszwiebeln
Viskosität: ein homogenes Spätzle-Käse-Konglomerat
Beilage: vom vielseitigen Salatbüffet nehme ich mir: erstaunlich aromatische Tomatenscheiben / kleine Abschnitte von frischem grünen und weißen Spargel / einen herrlich lauwarmen, knätschigen Kartoffelsalat / knackig-scharfen, gestiftelten Rettich / einen fruchtigen Krautsalat mit unterschwelligem Apfelaroma / sämige, weiße Dicke Bohnen / Kidneybohnen in Cocktailsauce / Mozzarellastückchen
Zubereitungszeit: nach übermäßig langer Wartezeit auf die Annahme der Bestellung flutscht es dann gewaltig und die Spätzle landen binnen 5 Minuten auf dem Tisch
Abgang: etwas grummelig, was sicherlich meiner noch instabilen Gesundheit geschuldet ist
Preis: 12,50 Euro (inklusive Salat vom Büffet)
Bewertung: Gehobene schwäbische Küche mitten in Tübingen. Durch den sichtlich hohen Stammgastanteil hat man sich als "Reig´schmeckter" erst mal seinen Platz zu erkämpfen. Die Kässpätzle bewegen sich nur preislich im oberen Segment.

Lokalität: Restaurant Museum
Wilhelmstraße 3
72074 Tübingen
Tel 07071-22828
info@restaurant-museum.de