Sonntag, 3. November 2024

Jeder Zehnte lügt **

 

 

 

 

 

 

 


 

 

 

 

 

 

 

 

"Neun von zehn Leuten mögen Schokolade," behauptet das Museumscafé von Ritter Sport. Doch der Zehnte lügt mitnichten, sondern frönt schlicht einem anderen Gusto. Und der treibt mich ganze 8 Jahre und 7 Monate nach dem letzten Essen zu einem erneuten Besuch. 

Andernorts haben sich Speisekarten, Pächter und Räumlichkeiten verändert, doch hier wurde bei gleicher Optik und Haptik nur der Preis angepasst.Wie auch der einer Tafel Schokolade. Denn Tradition ist dem Hause Ritter heilig.

Menge: rangiert nach wie vor in der Sparte "für den größeren Hunger" - den sollte man jedoch eher nicht haben
Spätzle: Convenience
Käse:  man bleibt dem Emmentaler treu
Zwiebeln: das winzige Häufchen von angeschmälzten Zwiebelstückchen ist in den Jahren nicht gewachsen
Viskosität: so smooth wie eine heiße Schokolade
Beilage: mein Geschick, die sperrigen Beilagenbestandteile aus einer quadratisch-unpraktischen Schüssel zu hieven, hat sich nicht gebessert
Zubereitungszeit: viel zu kurze 10 Minuten bei vollem Haus
Abgang: erst zwickt der Hosenbund, dann nervös der Mundwinkel
Preis: 12,20 Euro (inklusive Beilagensalat)
Bewertung: Das Essen gleicht so frappierend der Portion aus dem Jahre 2016, dass man ich mir verwundert die Augen reibe. Ein Schelm, der hier ausgeklügeltes (oder geklontes?) Convenience vermutet. Mangelnde Innovationsgabe und Weiterentwicklung verleiten mich leider zum Punkteabzug.

Lokalität: Museum Ritter - Museumscafé
Alfred-Ritter-Straße 27
71111 Waldenbuch
Tel.: 07157/538169

Sonntag, 20. Oktober 2024

Mach mal einer das große Licht an ***

 



 

 

 

 

 

 

 


Kaum zu glauben: a) meine Prophezeiung aus dem Jahre 2010 hat sich bewahrheitet und b) fast 15 Jahre später herrscht hier immer noch das alte Funzellicht. Obwohl gleich mehrfach in den letzten Jahren Inhaber, Betreiber und Pächter gewechselt haben dürften. Und haben wir nicht auf diese grünkarierte Tischdecke schon mal gekleckert, unsere Rücken nicht an diese fein bestickten Kissen gedrückt? Ein bisschen fühlt sich das geschickt kuratierte Ambiente wie eine Inszenierung im Europapark Rust an. Themenpark Almhütten.

Menge: eine nicht zu wuppende Holzfällerportion: auch das taffe Mannsbild zwei Tische weiter bittet - ganz nach meinem Vorbild - um eine Mitnahmebox
Spätzle: voluminös und habhaft ("die werden hier hausgemacht")
Käse: Emmentaler as usual
Zwiebeln: leider nur ein kleines Häuflein Schmelzzwiebeln on top
Viskosität: von sämiger Kompaktheit
Beilage: ein (vorbereiteter) Beilagensalat: unter schlapp gewordenen Salatblättern in einer senfbetonten Vinaigrette finden sich feine Möhrenstiftchen, grob gehobelter Rettich und 1a schlonziger Kartoffelsalat
Zubereitungszeit: nach 7 Minuten kommt der Salat, nach 15 Minuten das Bier, nach 18 Minuten die Kässpätzle
Abgang: der Hopfengehalt des begleitenden Bieres sediert das Rumpeln und Pumpeln
Preis: 15,80 Euro (inklusive Beilagensalat)
Bewertung: Die Kontinuität hat ihre Grenzen. Feierten wir bei unserem letzten Besuch noch das feurige Paprrrrika-Puszta-Feeling, suchen wir jetzt vergebens nach einer Pfeffermühle. Doch die schiere Menge, das heimelige Ambiente und der belastbare Service imponieren. Und versprochen: in der nächsten Dekade kommen wir wieder. Wenn die Sindelfinger Altstadt dann noch steht.

Lokalität: Altstadtlokal Funzel
Untere Vorstadt 12
71063 Sindelfingen
Tel.: 07031 7655122
E-Mail: kontakt@altstadtlokal-funzel.de

Samstag, 19. Oktober 2024

Zwischen Appenzeller Spitzhauben **

 

 

 

 

 

 

 


 

 

 

 

 

 

 

 


Wo früher mal ein Wienerwald war, ist heute eine Hendlbar. Mit zeitlosem Wirtshaus-Ambiente und einer gerahmten Galerie von Hühnerrassen an den Wänden. In gutem Gewissen platzieren wir uns zwischen Appenzeller Spitzhauben und Ostfriesischen Möwen, denn bei unserer Leibspeise geht es beiden nicht mal an den Kragen. Und Appenzell dürfte selbst beim Käse nicht im Spiel sein.

Menge: so opulent, dass die Hälfte eingepackt werden muss
Spätzle: wenn schon Convenience, dann bitte durchgegart
Käse: eher marginal
Zwiebeln: soft angeschmelzte Zwiebelringe
Viskosität: hart und trocken
Beilage: das reichhaltige Salatbüffet mit gehobeltem Kraut, hart gekochten Eiern, frischen Paprikastreifen und luftigen Salatblättern rettet den sonst dürftigen Eindruck
Zubereitungszeit: haben wir das Bimmeln einer Mikrowelle vernommen?
Abgang: jetzt wäre ein Digestif angesagt
Preis: hitverdächtig, wie in Vor-Corona-Zeiten: 11,90 Euro (inklusive Beilagensalat)
Bewertung: Wer Quantität mit Qualität verwechselt, dürfte hier glücklich werden. Immerhin hat die geschmacksneutrale Hauptkomponente durch das Aufwärmen am kommenden Tag noch einige Aromen gewonnen.

Lokalität: Hendlburg Böblingen
Poststraße 36
71032 Böblingen
Telefon: +49 (0) 7031223038
E-Mail: info@hendlburg-böblingen.de

Sonntag, 1. September 2024

Nach dem Fest ***




















Wer tagsüber beim Erlanger Poetenfest seinen literarischen Hunger stillt, wird am Abend veritables Magenknurren haben. Welch glücklicher Umstand, dass zwischen Schlossgarten und Hotel die Bräuschänke dazwischengrätscht. Dort residieren an sieben Tagen in der Woche fränkisch-kulinarisches Kulturgut, unkomplizierte Schunkelatmosphäre und beste Laune. Nur Vegetarier müssen hier sehr tapfer sein. Mein Leibgericht ist gottseidank auch in Franken bekannt.
 

Menge: in Kombination mit einem Beilagensalat reicht eine halbe Portion vollkommen aus
Spätzle: kurzkettige Knöpfle mit angenehmer Kräuternote (die aus der Symbiose mit Kresse, Schnittlauch, Frühlingszwiebeln resultieren)
Käse: der willfährige Serviceherr kundschaftet es gerne aus: Emmentaler mit Bergkäse und reichlich Sahne
Zwiebeln: Frühlingszwiebelröllchen im Spätzlekonglomerat, ein krosses Röstarrangement obendrauf
Viskosität: anschmiegsam
Beilage: offiziell keine - ein begleitender Beilagensalat erscheint mir jedoch obligatorisch und macht sich mit frischen Blattsalaten, kümmeluntermaltem Kraut, minimalistisch gehobelten Gurkenscheibchen und feinen Rettich- und Möhrenstiftchen absolut bezahlt
Zubereitungszeit: was der Service bei der Bestellung ins digitale Endgerät tippt, wird stande pede in der Küche umgesetzt (gefühlt in 10 Minuten)
Abgang: ein großes (Achtung: 0,5 Liter!!) fränkisches Weißweinschorle sorgt für kräftige Durchspülung
Preis: 14,90 Euro (Normalportion), bzw. 12,90 Euro (kleine Portion) + 4,10 Euro (Beilagensalat)
Bewertung: In der Hochburg von blauen Zipfeln und fränkischen Bratwürsten kann sich mein Lieblingsgericht durchaus behaupten.

Lokalität: Bräuschänke Erlangen
Südliche Stadtmauerstraße 25
91054 Erlangen
Tel: 09131 810833
E-Mail: hungerunddurst@t-online.de

Montag, 5. August 2024

Ohne Eile. Alles gut ***

 


 

 

 

 

 

 

 


Ein Sundowner an Lindaus äußerster Inselspitze gehört zu den absoluten Highlights jedes Bodensee-Urlaubs. Doch wer könnte es schon bei einem weißen Spritzer mit Blick auf das österreichische Ufer belassen? Der Biergarten der sonst hochpreisigen, mondän aufgerüsteten Eil.Gut.Halle bietet Habhaftes und Beliebtes zu erstaunlich moderaten Preisen. Was das international besetzte Team in kurzer Zeit in einem schlichten Küchencontainer zu zaubern vermag, grenzt an kulinarische Wunder. Auch wenn sich nicht jedes Gericht für dieses Mirakel eignet.

Menge: leider täuscht der Anblick mehr Volumen als vorhanden vor
Spätzle: eine aparte Kreuzung zwischen schwäbischen Spätzle und Allgäuer Knöpfle
Käse: wurde so sparsam verwendet, dass sich keine Sorte herausdestillieren lässt
Zwiebeln: knurpselige Fertigröstzwiebeln, darüber frische Ringe vom Junglauch
Viskosität: was angenehm crispy beginnt, muss am Ende geradezu vom Schüsselboden gemeißelt werden
Beilage: offiziell keine - doch ist der sensationelle Ausblick auf den Bodensee nicht der beste aller denkbarer Begleiter?
Zubereitungszeit: der Abhol-Buzzer summt schon nach 5 Minuten
Abgang: dank des spritzigen Weissweinschorles (der alkoholische Bestandteil stammt vom Weingut Gierer aus Nonnenhorn) ist der Rest des Abends mit deftigen Bäuerchen gesegnet
Preis: 12,90 Euro
Bewertung: Punktevergabe als versöhnender Mittelweg: die enttäuschend mickrige Portion ist eher was für den hohlen Zahn (kann auch mit kostenlos ausliegendem Senf und Remoulade nicht aufgepimpt werden) - doch die berauschende Lage und der Flair des Ortes bezaubern.


Lokalität: Eil.Gut.Halle
Biergarten
Schützinger Weg 2
88131 Lindau
Tel. +49-8382-911-1229
E-Mail: info@eilguthalle.li

Samstag, 3. August 2024

Spätzle Uruguay **

 
 










 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Am Vorabend der olympischen Eröffnungsfeier steht auch uns der Sinn nach einem länderübergreifenden Wettstreit in der Kässpätzle-Disziplin. Durften wir in der Vergangenheit doch bereits italienische, böhmische, finnische und türkische Variationen verkosten. Ein Koch aus Uruguay ging jedoch noch nicht ins Rennen. Den findet man in der schwäbischen Provinz in einer Tapas-Bar mit ungewöhnlichem Konzept und binationalem Angebot. 

 

Menge: was hier als Tapas firmiert, hat das Zeug zu einer vollwertigen Portion
Spätzle: wir vermuten conveniente Hilfe
Käse: eine Mischung aus Bergkäse und Emmentaler
Zwiebeln: karamellig angeschmelzte feine Zwiebelstreifchen
Viskosität: das flutscht ein bisschen zu suppig dahin
Beilage: selbstgewählt aus der spanischen Ecke: zur Abwechslung einmal buntes Grillgemüse mit Frischkäse
Zubereitungszeit: nicht gestoppt, doch gefühlt kaum eine Viertelstunde
Abgang: hmmm, die neuen Kombinationen könnte man beibehalten
Preis:  5,80 Euro (Kässpätzle) plus 7,50 Euro (Grillgemüse)
Bewertung: Die Furcht vorm Tapas-Trick als neue Shrinkflation-Ausprägung erweist sich als  unbegründet.  Denn die vermeintlichen Häppchen haben es in sich!


Lokalität: Lucky am Markt
Marktstr. 9
71111 Waldenbuch
Tel.: 0172/6203639
E-Mail: info@luckyammarkt.de

Sonntag, 30. Juni 2024

Nach dem Gurkerlwasservorfall ***

 



 

 

 

 

 

 

 


Was sucht der Lindwurm im Hofbräuhaus? Münchner Weißwurst samt Maibock im slowfoodtauglichen Klagenfurt?  So recht nachvollziehbar wirkt das bayrisch-kärtnerische Joint Venture zwar nicht, doch zwischen Gurkerl-Gschichtn und georgischer Niederlage scheint das Land in kulinarische Apathie zu verfallen. Da stürmt man dankbar jede offene Wirtshaustüre. Auch wenn der Empfang durch den wenig motivierten Service eher verhalten ausfällt. Und auch so bleibt.

Rufen wir uns noch einmal melancholisch das Ingeborg-Bachmann-Gedächtnisessen auf, auch wenn es nur eine Mogelpackung war?

Menge: mehr, als bei aktuellen 30 Grad zu verdauen wäre - den Rest dürfen wir uns selbst in ein Doggy-Bag verladen
Spätzle: etwas zu trockene, tendenziell mehlige Knöpfle
Käse: Emmentaler
Zwiebeln: eine Prise Knurpselware
Viskosität: trockene Teigwaren und sahniger Käsemix koagulieren nur bedingt
Beilage: Blattsalate in einer essiglastigen Vinaigrette
Zubereitungszeit: kaum über 10 Minuten
Abgang: ein weißer Spritzer am Abend renkt alles wieder ein
Preis: 14,90 Euro (inkl. Beilagensalat)
Bewertung: Solide Allerweltsspätzle, wie wir sie andernorts schon mehrfach vorgefunden haben. Doch eine wichtige Erkenntnis bleibt bestehen: an die herausragenden Vorarlberger Kreationen kommt der Osten Österreichs wohl niemals heran.

Lokalität: Hofbräu zum Lindwurm
Landl Bräu GmbH
Neuer Platz 10
A-9020 Klagenfurt am Wörthersee
Tel.: +43 (0) 463 503280
E-Mail: info@hofbraeu-zum-lindwurm.at