Samstag, 30. August 2025

Tage der deutschsprachigen Teigwaren ***

 





 

 

 

 



Nicht selten hat ein literarischer Anlass auch einen lukullischen zur Folge. Doch während wir die Klagenfurter "Tage der deutschsprachigen Literatur" (vulgo: Bachmannpreis) selbstverständlich zu carinthischen Kässpätzle-Recherchen nutzen, greift andernorts das kulinarische Vokabular weit über die regionalen Grenzen hinaus. 

Obgleich das "Erlanger Poetenfest" vor allem fränkische Bratwürste und Bier suggerieren würde, bietet das Bistro des Hotels Bayerischer Hof vollmundig "Kässpätzli" an. Ist das wohl einem Schweizer Koch geschuldet? Einer großzügigen Interpretation deutschsprachiger Varianten? Einem koketten Flirt mit der alpenländischer Küche? 

Menge: die große Steingutschüssel inszeniert reichlich Fülle
Spätzle: vermutlich aus angesehener fränkischer Nudelfabrikation
Käse: nach telefonischer Rücksprache mit der Küche verkündet der Kellner mit leichtem Stirnrunzeln: "Elementarkäse" (was ich wohlwollend in Emmentalerkäse übersetze)
Zwiebeln: so würzig und knusprig wie sich echte Röstzwiebeln anfühlen
Viskosität: angenehm flutschend
Beilage: der blind bestellte, auf der Karte gar nicht annoncierte Beilagensalat entpuppt sich als Fehlgriff: hier hat wohl der Praktikant in der ersten Lehrwoche vollkommen uninspiriert ein paar Salatstreifen mit überdimensionierten Croutons in dickflüssiger Sahnesauce ertränkt
Zubereitungszeit: eine gefühlte Viertelstunde 
Abgang: danach ereilt mich erschöpft der Schlaf der Gerechten 
Preis: 9,00 Euro (Kässpätzli) + 5,00 Euro (Beilagensalat)
Bewertung: Das pittoreske Erlangen gibt sich grenzenlos - kulinarisch, sprachlich, menschlich. Vor allem eines wird hier klar: gute Küche hat viele Namen. 

Lokalität: Restaurant Rosmarin
Hotel Bayerischer Hof
Henkestr. 28
91052 Erlangen
Tel. +49 9131 785-157
E-Mail: rosmarin@bayerischer-hof-erlangen.de

Donnerstag, 21. August 2025

Südlich des Kässpätzle-Äquators ***

 

 

 

 

 

 

 

 



Im Gegensatz zu Weißwürstchen scheinen Kässpätzle keine regionalen Grenzen zu kennen. Vor allem byzantische Varianten unseres Leibgerichtes konnten schon in der Vergangenheit punkten (allen voran der leider längst geschlossene Murrhardter Hof mit Burhans legendären Spätzle). 

Wen verwundert es da, dass Mustafa Ibili, der neue Patron der Paladion-Sportgaststätte, seit langem bekannt für seine schwäbischen Spezialitäten ist. Unter seiner Ägide erstrahlt das legendäre Mittagsbüffet in südlichem Licht. Welch glücklicher Zufall, dass gleich bei unserem ersten Testessen Kässpätzle dargeboten werden. 

Menge: so viel man am Büffet aufschaufeln kann 
Spätzle: "natürlich selbstgemacht", beteuert der Patron mit Inbrunst
Käse: wir vermuten einen gefälligen Fertigmix
Zwiebeln: auf die Plätze, fertig, los: wer sehr schnell agiert, kann sich noch einige der homöopathisch dosierten Röstschnipseln sichern
Viskosität: eher trockene Spätzle in einer cremigen Umgebung
Beilage: was immer das Herz begehrt - wir wählen eine bunte, freshe Auswahl vom aktuellen Salatbüffet 
Zubereitungszeit: unbekannt
Abgang: weder Espresso noch Digestif sind zur Verdauung vonnöten
Preis: wenn man Glück hat, sind die Käsespätzle im umfangreichen wochentäglichen Mittagsbüffet für 15,90 Euro enthalten / ansonsten solo laut Karte: 13,90 Euro
Bewertung: Die hohe Erwartungshaltung des paladionesken Stammpublikums wird mit diesem  Einstieg mehr als befriedigt. Es lebe die völkerverbindende Wirkung meines Leibgerichts!

Lokalität: Südlicht im Paladion
Silberweg 18
71032 Böblingen
Tel.  07031 8198500
E-Mail: info@suedlicht-bb.de

Mittwoch, 6. August 2025

Man darf die Hopfung niemals aufgeben ***



















 

 

 

 

 



In Vorbereitung und Einstimmung auf große kommende Ereignisse begleiten wir Hausfreund Mike in die ehemalige oberschwäbische Residenzstadt Aulendorf, zu deren Highlights unbestritten Schloss und Schlossbrauerei zählen. Nach schweißtreibendem Aufstieg in lichte Höhen locken hopfenhaltige Spezialitäten und habhafte Schlemmereien. Wir wählen beides - und davon nicht zu wenig.

Zur perfekten Inszenierung uriger Gastlichkeit gehört auch hier das gusseiserne Pfännle, das unser Leibgericht nicht nur krönt, sondern bis zum letzten Knöpflebrösel warm hält. Patron und Urgestein Flo Angele würzt jede Speise zusätzlich mit urschwäbischem Witz. 


Menge: selbst als kleinere Mittagsportion mehr als reichlich
Spätzle: in Oberschwaben bewegen wir uns schon in Knöpfle-Regionen
Käse: "Ha, so`n gelba", schwadroniert der Wirt in aller Sympathie
Zwiebeln: kross frittiert oder ausgebacken
Viskosität: cremig bis teigig
Beilage: unterm voluminösen Eichblatt verbergen sich zusätzlich noch Kartoffel-, Kraut- und Möhrensalat
Zubereitungszeit: 20 Minuten
Abgang: erst mächtiges Völlegefühl, dann vages Sodbrennen
Preis: 9,90 (inklusive Beilagensalat) als Mittagstisch / 17,50 als normale Portion 
Bewertung: Die schmackhaften Riesenportionen lassen sich am ehesten mit reichlich Gerstensaft hinunterspülen, der hier in vielfältigen Variationen verfügbar ist. Ein wahres Eldorado für alle Biertrinker und Deftigesser!

Lokalität: Schlossbrauerei Aulendorf 
Hauptstraße 30
Wirtshaus Schalander
Hauptstraße 32
Tel.: +49 7525 921 35 -20
E-Mail: info@schlossbrauerei-aulendorf.de

Dienstag, 8. Juli 2025

Die von Neil Young geschrammelten **

 












 

 

 

 

 

 

 



Hey, hey, my, my
- Käsespätzle can never die. Die hohe Karohemd- und Zauselhaar-Dichte bei der Love-Earth-Tour von Neil Young schürt falsche Assoziationen zu Lagerfeuerromantik und Cowgirls in the Sand. Denn auch ein faltig gealterter Old man kann sich nicht nur von Rindersteaks ernähren. 

So servieren auf dem Cannstatter Wasen zwei gewiefte Youngster im Minutentakt deftige Käsespätzle aus ihrer foodtruckigen Blockhütte heraus. Ein willkommener Treffpunkt und Unterstand für alle Be the rain-Fans, die nicht im Regen stehen wollen. Denn: Rust never sleeps!


Menge:
in Ermangelung einer Vorgruppe der passende Appetizer
Spätzle: "vom Großmarkt", wie die Betreiber J(oschka) und J(onathan) offenherzig gestehen 
Käse: Bergkäse mit Emmentaler 
Zwiebeln: grungy-crunchy Fertigröstzwiebeln mit frischer Petersilie
Viskosität: hey, hey, dry, dry
Beilage: zwei Holzgabeln
Zubereitungszeit: like a hurricane
Abgang: windig-feucht unterm Regenponcho
Preis: 8,00 Euro
Bewertung: Yeah, rain was fallin' and we're soakin' wet - doch nach einer wärmenden Käsespätzle-Portion reißt pünktlich zum Konzertbeginn der Himmel auf! Ob es den eifrigen Foodtruckern oder unseren eindringlichen Gebeten geschuldet ist, bleibt out of the blue.

Lokalität: Neil Young & The Chrome Hearts - Love Earth Tour Europe 2025
Cannstatter Wasen, 8.7.2025
J. & J. Käsespätzle Foodtruck

Dienstag, 17. Juni 2025

Eat & Greet ***



 

 

 

 

 

 

 



Seit unserem letzten amtlichen Testessen vor 8 Jahren haben sich nicht nur Betreiber, Beschaffenheit, Serviermodus und Preis geändert, sondern auch die Rahmendingungen. Büchertauschregal, Tischkicker und Wertschätzungskärtle säumen den Weg zu den gastronomischen Hallen des Landratsamtes. Und dort wird inzwischen sogar der Landrat selbst gesichtet - wenngleich nur mit einem bescheidenen Starter "Grilled Panini Caprese" (3,00 Euro). Doch unbürokratischer war das mittägliche Eat& Greet noch nie.


Menge: von dieser Riesenportion würde sogar der Abfallwirtschaftsbetrieb satt
Spätzle: von unbekannter Provenienz
Käse: laut Auskunft der Thekenkraft: Mozzarella mit Hartkäse - laut Aushang: Bergkäse
Zwiebeln: Fertigschnipsel nach IKEA-Art, jedoch von frischer Petersilie getoppt
Viskosität: grisselig bis trocken
Beilage: offiziell keine - unser fakultatives Gemüse erweist sich leider als Fehlgriff: fade und zerkocht
Zubereitungszeit: wird an der Theke ratzfatz auf dem Teller platziert
Abgang: uff!
Preis: 7,80 Euro (Kässpätzle) plus 1,56 Euro (Beilagengemüse)
Bewertung: Aufgrund ihres vielfältigen und kreativen Angebots kann diese Betriebskantine durchaus mit öffentlichen Restaurants konkurrieren. Und ein Kässpätzle-Menü unter 10 Euro dürfte derzeit fast unschlagbar sein. 

Lokalität: SV Restaurant Landratsamt
Parkstr. 16
71034 Böblingen
Tel. +4970316631471
E-Mail: landratsamt.boeblingen@sv-group.de

Sonntag, 27. April 2025

Kann Spuren von Senf, Sellerie und Soja enthalten *

 

 


 

 

 

 

 

 

 



Okay, die Fallhöhe könnte kaum dramatischer sein: nach dem seltenen Hype einer gastronomischen Bestleistung folgt nun der Absturz in alltägliche Niederungen. Denn nicht jedem sind eine spätzleschabende (Groß-)Mutter, eigene küchentechnische Fertigkeiten oder gar der monetäre Background für ständige aushausige Verkostungen gegeben.

So bleibt nur der Griff ins Supermarktregal. In der Gourmet-Linie (so called: "Finest Cuisine") des Discounters Aldi lockt zumindest temporär eine Packung mit "Bergkässpätzle". Die kommt schon optisch so edel und woke daher, dass man den eher dürftigen Nutri-Score glatt überliest. Doch unschätzbar ist die Transparenz der umseitig offengelegten ökotrophologischen Wahrheiten, von denen mich als Allergiker am wenigstens noch die Aussage "kann Spuren von Senf, Sellerie und Soja enthalten" beeindruckt.


Menge: wie viele hungrige Mäuler von der 350-Gramm-Portion satt werden können, verrät die Packung leider nicht
Spätzle: "aus 100% Dinkelmehl" und "ohne Kükentöten" lockt die Verpackungs-Vorderseite
Käse: laut Deklaration: "Bergkäse (8%), Emmentaler (7%)"
Zwiebeln: die annoncierten 1% Röstzwiebeln gehen sensorisch gegen Null, so dass ich die Kässpätzlemasse auch optisch mit etwas kleingehackten Paprikawürfelchen aufpimpe
Viskosität: trocken bis mürbe, daran ändert auch die vorschriftsmäßige Zugabe von Wasser im heimischen Garungsprozess wenig
Beilage: keine, doch ich improvisiere mit einem Schüsselchen voll bunter Gemüsereste
Zubereitungszeit: 5 Minuten (sowohl in der Mikrowelle als auch in der Pfanne)
Abgang: durchweg enttäuschend
Preis: -30% aufgrund des nahenden MHD
Bewertung:  wer nicht über die eingangs erwähnten Voraussetzungen zum optimalen Spätzle-Glück verfügt, hat leider schlechte Karten.

Lokalität:
  Adresse und Kontaktdaten können von der Verfasserin erfragt werden.

Dienstag, 1. April 2025

Das war spitze! *****

 

 


 

 

 

 

 

 

 

 


Es gehört schon einige Überwindung dazu, in einem Lokal zu dinieren, das nach einer persönlich nicht sehr geschätzten Rebsorte benannt ist. Doch praktische Erwägungen (deftige Basis für einen kräftezehrenden Event im Theater gegenüber) und die Schnittmenge aller kulinarischen Vorlieben meiner Mitesser (inklusive meiner selbst) führen nach jahrelanger Abstinenz ins inzwischen runderneuerte Restaurant am Feuersee.

Die zünftige Gediegenheit des früheren Ambientes ist nun einer modischen Internationalität mit Steakhouse-Feeling gewichen. Reserviert-Schildchen auf jedem Tisch suggerieren immensen Andrang. Doch unsere Beharrlichkeit macht sich bezahlt und wir unterliegen dem Charme des asiatisch-schwäbelnden Services, der auch noch flink und kommunikationsfreudig agiert.

Menge: üppig
Spätzle: voluminöse, buttrige Hausmacherware
Käse: vermutlich eine geheime Assemblage
Zwiebeln: herrlich knusprige Röstzwiebeln - und davon nicht zu wenig!
Viskosität:  gelungene Konsistenz mit kross gebräunten Arealen
Beilage: ein opulenter, farbenfroher, etwas essiglastiger Beilagensalat, der allein schon satt machen würde und vor allem durch sein Rotkohl-Topping erfreut
Zubereitungszeit: sensationelle 10 Minuten
Abgang: die Völlerei geht nicht spurenlos an mir vorüber
Preis: vollkommen angemessene 16,75 (inklusive Beilagensalat)
Bewertung: Eine perfekte Version meiner Leibspeise: im gusseisernen Pfännle serviert, von reichlich Grünzeug und zwei Lembergerschorle begleitet. 

Lokalität: Trollinger
Rotebühlstrasse 50
70178 Stuttgart
Tel. 0711 621441
E-Mail: info@trollinger-stuttgart.de