Freitag, 5. April 2024

Beim Allgäuer Käsebaron ***

 


 

 












Dass die Kässpätzle im Allgäu und in Vorarlberg am besten schmecken, hat sich längst herumgesprochen. Doch wie lässt sich dieser Spirit auch in entferntere Regionen transportieren?

Der Marktoberdorfer Käsebaron Olli Stich tourt mit seinem Kässpatzenmobil durch das Allgäu oder mit drei Pfannen durch die kulinarischen Hotspots der Nation. So auch als beeindruckende One-Man-Show auf der Stuttgarter Slow Food Messe, wo er mit sämtlichen Kochlöffeln, Pfannenhebern, Geldscheinen, Tellern und Gabeln gleichzeitig jongliert und mit losem Mundwerk alle Besucher duzt.

Menge: von einer Person schier nicht zu wuppen
Spätzle: kompakte Knöpfle
Käse: je ein Drittel Kristallkäse (3 Jahre gereift) / Kristallkäse (4 Jahre gereift) / Emmentaler
Zwiebeln: Unmengen von in Sauerrahmbutter geschmälzten Zwiebeln mit leicht süßlichem Touch
Viskosität: angenehm trocken - dort, wo die Spätzlemasse kurz am Pfannenboden haften blieb, mit latent knuspriger Note
Beilage: den hiesigen Umständen entsprechend keine, doch die Berge von Zwiebeln machen alles wett
Zubereitungszeit: schwuppdiwupp, in nullkommanichts vor den Augen des  Besuchers auf den Teller gehievt
Abgang: trotz des begleitenden herzoglichen Grauburgunders von Schloss Monrepos (aus der nahegelegenen Vinothek) habe ich mit einem mächtigen Nachhall zu kämpfen
Preis: 10,00 Euro
Bewertung: Chapeau angesichts der kulinarischen, körperlichen und mentalen Leistung des Käsebarons auf dieser kräftezehrenden Messe - doch auch angesichts der eigenen Verdauung nach vorhergehendem, wildem Durcheinanderessen.

Lokalität: Olli Stich Käsemanufaktur
(auf der Slow Food Messe 2024: Stand 1H70)
Meichelbeckstr. 45
87616 Marktoberdorf
Tel.: +49 08342 89 84 79
E-Mail: olli@stich-kaese

Samstag, 30. März 2024

Gebacken, nicht gerührt ****

 



 








 

 


 

Bregenz ist viel mehr als Seepromenade, Festspielort und Pfänderbahn. Bei den 1. (ortsansässigen) Literaturtagen am Ostersamstag 2024 wird die Stadt neu kartographiert und präsentiert, von uns hernach gar lukullisch wiederentdeckt. Denn hinter dem Leutbühel gehts noch lecker weiter.

Der "Maurachbund"  - bescheiden als Stadtheuriger firmierend - residiert in einem sorgsam sanierten,  spätgotischen Fachwerkbau und entpuppt sich als wahrer Gourmettempel. Selbst die Expertise von rund 370 verkosteten Kässpätzlevariationen in über 13 Jahren kann uns nicht vor neuen Überraschungen und Darreichungsformen bewahren. Erinnerten die ersten gebackenen Kässpätzle noch vage an Mutterns Grießschnitten, rufen die Maurachbündler Bällchen weitreichende Assoziationen irgendwo zwischen heimischen Kartoffelkroketten und sizilianischen Arancini hervor. Auf Nachfragen gibt die Maurachbund-Wirtin freizügig Auskunft: die Bällchen seien tatsächlich keine eigene Erfindung, sondern von einem Stand am Lindauer Weihnachtsmarkt abgekupfert (vulgo abfrittiert).

Menge: trotz der offensichtlichen Kaloriendichte sorgt die Kombination mit extra dazu gereichten Brotscheiben erst für den richtigen Sättigungsgrad
Spätzle: nicht mehr optisch eruierbar, doch sensorisch ertastbar
Käse: ein individueller Mix aus Räßkäs, Emmentaler und Bergkäse
Zwiebeln: in diesem Arrangement leider nicht vorhanden - dafür um so mehr im steirischen Rindfleischsalat (16,90 Euro) meines Begleiters
Viskosität: außen knackig frittiert, mit geschmeidigem Innenleben
Beilage: wie in einer Bowl fügen sich alle Bestandteile gleichrangig zusammen: Spätzlebällchen, Apfelscheiben, Walnüsse, Blattsalate
Zubereitungszeit: keine Ahnung - wir sind im Plausch mit den Nachbargästen und im Staunen über die architektonischen Besonderheiten versunken
Abgang: einwandfrei, dank einem Gelben Muskateller von Engelbrecht und einem Zweigelt vom Weingut Prickler
Preis: auch hier hart an der Grenze: 19,50 Euro (normale Portion) oder 17,50 Euro (kleine Portion)
Bewertung: Diese außergewöhnliche Darreichungsform erweitert den geschmacklichen Erfahrungshorizont deutlich um neue Nuancen - nur die angepriesene Sauce Cumberland bleibt uns verborgen.

Lokalität: Maurachbund Stadtheuriger
Maurachgasse 11
A-6900 Bregenz
Tel. +43 5574 44446 
E-Mail: office@maurachbund.at

Freitag, 29. März 2024

Beim Seebrünzler ***

 



Etwas verschämt brunzt die kleine Bronzefigur an ein Hauseck in der Bregenzer Kirchstraße. Und markiert zugleich ein kulinarisch-önologisch-bierseliges Bermuda-Dreieck, in dem wir auf der Suche nach der optimalen Vorarlberger Kässpätzle-Version am langen Osterwochenende stranden. Mediterrane Temperaturen, herumwirbelnder Saharasand und aktuelle Dreharbeiten für Die Toten vom Bodensee hüllen die Stadt in eine Aura des Besonderen.

An Karfreitag, der hierzulande kein gesetzlicher Feiertag mehr ist, steppt förmlich der Bär. Wie gut, dass wir vermutlich einen der letzten freien Tische reservieren konnten. Denn dem Traditionshaus "Goldener Hirschen" hängt ein gleichbleibend guter Ruf an, auch wenn Service und Qualität den Vorschusslorbeeren nicht immer gerecht werden können.

Menge: reichhaltig
Spätzle: Knöpfle, wie es sich für diese Gegend gehört
Käse:  Almas rezente Räßkäse-Bergkäse-Mischung (in verschiedenen Reifegraden)
Zwiebeln: sehr krosse Röstzwiebeln
Viskosität: sensationell fädenziehend, so dass der Verzehr eine nachfolgende Restaurierung von Gesicht und Brille erforderlich macht
Beilage: aus verschiedenen Salatvariationen wählen wir die "gemischte" Option - mit wohlschmeckenden Blatt-, Rettich- und Krautsalaten, aber einem leider vollkommen ungenießbaren Kartoffelsalat (zu fest, zu kalt, mit einem unerklärlichen Würstchen-Odeur unterlegt)
Zubereitungszeit: deutlich zu kurz, um an frische Zubereitung zu glauben
Abgang: es rumpelt und pumpelt gewaltig
Preis: knapp unter der neuen Schmerzgrenze: 19,40 Euro (inkl. gemischtem Beilagensalat)
Bewertung: Die erwartete herausragende Qualität bewegt sich leider im gediegenen Mittelmaß, über das wir uns mit einem Müller-Thurgau von Aufricht (9,40 Euro) und einer Extra-Portion Kürbiskernöl (0,70 Euro) prima hinwegtrösten.

Lokalität: Goldener Hirschen
Wirtshaus Weinstube Bierbar
Kirchstr. 6-8
A- 6900 Bregenz
Tel. +43 55 74 42815
E-Mail: reservation@kinz.at

Dienstag, 5. März 2024

Wiederholungstäter ***

 


 

 

 

 

 

 

 



Manche lukullische Location fühlt sich so wohlig und harmonisch an, dass man glatt zum mehrfachen Wiederholungstäter im Kässpätzle-Milieu werden kann. Damit auch dieser Fall nicht zum Cold Case wird, berichten wir noch brühwarm aus dem Dagersheimer Waldhorn, knapp drei Jahre nach der vorhergehenden Tat. Die Preise sind kaum gestiegen, der herzliche Service und das gepflegte Ambiente sind geblieben. Dass die Kässpätzle keine Convenience-Kreation sind, zeigt ein ungeahnter geschmacklicher Kick, dem wir erst nicht ganz auf die Schliche kommen.

Menge: so viel, so mächtig, so dicht, dass fast die Hälfte eingepackt werden muss (kein Problem!)
Spätzle: ob wohl noch das alte Familienrezept zum Tragen kommt?
Käse: die Patronin bringt es ans Licht: eine rezente Mischung aus Kräutercamembert und Emmentaler
Zwiebeln: huch, daran haben wir gar nicht mehr gedacht
Viskosität: der Camembert sorgt für ungeahnt geschmeidige Konsistenz
Beilage: ein kleiner Beilagensalat, der schon mal größer war
Zubereitungszeit: dank unserer schnellen Entschlossenheit noch vor dem großen Ansturm: nur eine gefühlte Viertelstunde
Abgang: das Zibärtle wäre zur Verdauung nicht nötig gewesen, doch wir genießen diesen seltenen Digestif, wo immer es möglich ist
Preis: 15,80 Euro (inkl. Beilagensalat)
Bewertung: Solide schwäbische Landhausküche auf ansprechendem Niveau. Wir kommen wieder!

Lokalität:Hotel Waldhorn
Böblinger Straße 1
71034 Böblingen-Dagersheim
Tel.: +49 7031 76720
E-Mail: info@hotel-waldhorn.de

Dienstag, 30. Januar 2024

Hoch das Steigle ***

 



 

 

 

 

 

 

 


Schon die dritte Spätzle-Destination noch im ersten Monat des neuen Jahres: verheißt das nicht beste kulinarische Prognosen für 2024? Dafür biegen wir hinter der Bildechinger Steige gleich ins moderate Horber Steigle ab, wo sich noch im letzten Jahrhundert eher landwirtschaftliches Gebiet erstreckte. Hier vespert man schon um 17 Uhr und erwartet habhafte Deftigkeit im Stammtisch-Ambiente. Auch Tradition hat ihren Platz: selbstbewusst zieren alle Teller ein geschwungener Steiglehof-Schriftzug. 

Menge: reichlich
Spätzle: "die machet mer selber"
Käse: eine wahre Überdosis an geriebenem Emmentaler, sowohl geschmolzen unter die Menge gemischt, als auch lose darüber platziert (eine besondere Machart des Hauses?)
Zwiebeln: wurden keine gesichtet
Viskosität: von angenehm schlüpfriger, jedoch keineswegs sahniger Konsistenz
Beilage: dieser sensationelle Beilagensalat verdient Bestnoten: unter luftigem Blattsalat in zitronigem Dressing verbergen sich gestiftelter, sahnig angemachter Rettich, mit Ananas verbrüdertes Kraut und ein Kartoffelsalat ganz comme il faut
Zubereitungszeit: dank unserem Eintreffen noch vor der Primetime lediglich knapp über einer Viertelstunde
Abgang: wohltuend sättigend ohne unangenehmes Völlegefühl
Preis: 15,80 Euro (inklusive Beilagensalat)
Bewertung: Es lebe der Landgasthof! Wir erfreuen uns am zünftigen Ambiente, dem emsigen Service und einer mächtigen, wohlschmeckenden Portion, trotz dem etwas befremdlichen Käsetopping überm Spätzleberg.

Lokalität: Restaurant Steiglehof
Steigle 35
72160 Horb am Neckar
Tel.: +49 (0) 7451 55500
E-Mail: info@steiglehof.de

Freitag, 26. Januar 2024

Mein lieber Freund und Kupferstecher ***

 


 

 

 

 

 

 

 



Ermattet und ausgehungert nach einer Raum- und Zeitreise ins hellenistische Pergamon, streben wir zielgenau die nächsten verfügbaren Fleisch- (respektive: Spätzle-)Töpfe an. Die deftige Hausmannskost im Gasthaus Kupferhammer ist so fleischverliebt, dass sogar die Kässpätzle standardmäßig mit Schinken angeboten werden. Doch selbst die abgespeckte Variante treibt uns in der gut eingeheizten Stube noch den Schweiß auf die Stirn.

 

Menge: selbst ein hungriger Hellene hätte mit dieser Portion zu kämpfen
Spätzle: dicke, breite, gepresste Hausmacherware
Käse: "Edamer", rapportiert das Servicemädel - eine Mischung mit parmesanigem Unterton, erahnt die Spätzialistin
Zwiebeln: optisch nicht sichtbar, jedoch sensorisch fein aufzuspüren
Viskosität: suppig
Beilage: ein vielseitiger, reichhaltiger Beilagensalat mit Kraut, Möhre und Kartoffelsalat im Unterbau, gekrönt von luftigem Grünwerk
Zubereitungszeit: nach 5 Minuten steht der Salat auf dem Tisch, nach weiteren 10 Minuten der Rest
Abgang: ächzend ob der schieren Menge
Preis: 14,50 Euro (inklusive Beilagensalat)
Bewertung: Rustikales Ambiente, riesige Portionen, rascher Service. Allein die sahnige Schlonzigkeit der Käsespätzle ist leider nicht meins.

Lokalität: Gasthaus Kupferhammer
Am Kupferhammer 1
75181 Pforzheim
Tel.: 07231 67712

Mittwoch, 24. Januar 2024

Böhmisches Paradies ***

 



Gut 10 Jahre (und wohl einige Pächterwechsel) nach unserem letzten Besuch wischen wir uns verwundert die Augen angesichts des rundherum aufgehübschten Interieurs und der überbordenden Herzlichkeit der neuen Betreiberinnen Arina Gendlin und Marketa Nepevny.  Kurz vor Mariä Lichtmess ist noch weihnachtlich eindekoriert - und wer nicht vorsorglich einen Tisch reserviert hat, könnte das Nachsehen haben. Denn die tschechische Enklave im Sindelfinger Outback hat sich schnell zum Rentner-Eldorado entwickelt.

Menge: reichlich
Spätzle: leider lätschig weichgekocht
Käse: "auch Bergkäse", verrät Arina Gendlin lächelnd, "auch Gouda", fügt sie auf Nachfragen hinzu
Zwiebeln: fein gehackt im Kässpätzlekonglomerat, plus einige frische rote Zwiebelscheiben on top
Viskosität: eine Blindverkostung hätte uns wohl eher Brei vermuten lassen
Beilage: eine überzeugend frische, knackige Blattsalatmischung mit feinem Kresse-Topping und kräuteriger Vinaigrette
Zubereitungszeit: gut eine halbe Stunde
Abgang: trotz der Menge lockerleicht
Preis: 13,80 Euro (inklusive Beilagensalat)
Bewertung: Geschmacklich und optisch eine Freude, jedoch haptisch eine herbe Enttäuschung. Nur zahnlose Gäste könnten diese Konsistenz goutieren. Wir drücken alle Augen zu - denn liegt die Kernkompetenz der Küche nicht in böhmischen Spezialitäten?

Lokalität: Gaststätte SchützenHaus
Mönchsbrunnen 2
71065 Sindelfingen
Tel.: 07031 306 95 07
E-Mail: schuetzenhaus.info@gmail.com