Samstag, 29. März 2014

Denn sie wissen nicht was wir tun ***

















Gestern noch Rossini in Wildbad, heute schon Schorsch Kamerun in Stuttgart. Größer könnte der musikalische Brückenschlag nicht sein - und dennoch hält das Kässpätzle-Kulturgut seine schützende Klammer um alles.

Heute lädt der Freundes- und Förderkreis der Stuttgarter Hochschule der Medien wie jedes Jahr zur gewohnten Mitgliederversammlung ein. Ein erlauchter Kreis mit exquisitem Geschmack und hohem Qualitätsanspruch. Während wir in früheren Jahren durch Deutschlands kulturelle Highlights tourten, erfreuen wir uns jetzt einer erhellenden Backstage-Führung durch Stuttgarts preisgekröntem Opernhaus.

Die Kantine des Staatstheaters Stuttgarts ist wider Erwarten für externes Publikum geöffnet. Das ist die einmalige Chance, bekannte Gesichter aus Funk und Fernsehen einmal live vor dem Selbstbedienungs-Büffet zu erleben. Oder es sich zumindest einzubilden.

Menge: ein Klotz in halber Brikettform
Spätzle: selbstverständlich hausgemacht
Käse: laut Auskunft der freundlichen Service-Dame: Gouda
Zwiebeln: auf Wunsch und Nachfrage gibt es eine extra Portion schlonzig geschmälzter frischer Zwiebeln oben drauf
Viskosität: unten herum mantschig, oben mit krosser Schicht
Beilage: zwei Beilagen nach Wahl - in meinem Falle: eine Schale mit grünem Blattsalat zum Selbst-Anmachen und ein sahniges Panna-Cotta-Dessert
Zubereitungszeit: kennen wir nicht - ausgestochen aus der überdimensionalen Auflaufform wird jedenfalls ratzfatz
Abgang: leicht grummelig
Preis: günstige 4,95 Euro (inklusive zweier Beilagen nach eigener Wahl)
Bewertung: Hoher Promifaktor zu sensationellem Preis. Menschen wie Du und Ich sollten allerdings das stilsichere Vorbeihuschen am Pförtner vorher noch üben.

Lokalität: Kantine des Staatstheaters Stuttgart
List & Scholz
Oberer Schlossgarten 6
70173 Stuttgart
Mail: info@listundscholz.de

Freitag, 28. März 2014

Große Oper ***




Ähnlich wie Napoleon wird Rossini gerne für touristische Zwecke bemüht. Während sich der Erstgenannte durch Europas Betten und Schlachtfelder kämpfte, tourte der andere durch Opernhäuser und offenbar auch Küchen.

1856 weilte der Maestro zur Kur in Bad Wildbad - Grund genug,  um dort ein jährliches Belcanto Festival zu etablieren und den großen Namensgeber für werbewirksame Zwecke zu beerben. Direkt neben dem Palais Thermal ("Deutschlands sinnlichstes Thermalbad" im maurischen Stil) liegt Moknis Palais Hotels und Spa - eine edle Nobelherberge nebst Restaurant für gehobene Ansprüche.

Den örtlichen Kliniken Rechnung tragend, kann man hier auch barrierefrei mit Rollator und Rollstuhl speisen. Klassische Eleganz verbindet sich mit tradtitionsreichem Ambiente und zahlungskräftiger Klientel. Hier darf man Hochwertiges und Gediegenes erwarten.


Menge: recht überschaubare Portion
Spätzle: hausgemacht, aber relativ fad (was den Griff zu Salz- und Pfefferstreuer rechtfertigt)
Käse: Emmentaler - erst im Topf zusammen mit Sahne unter die Spätzle gemengt, später unterm Salamander noch mal extra erhitzt
Zwiebeln: samtig angeschmälzt
Viskosität: flaumig-soft
Beilage: bedauerlicherweise kein Beilagensalat, obwohl im Restaurant ein kleines Salatbüffet geradezu nach Selbstbedienung schreit
Zubereitungszeit: 30 Minuten
Abgang: leicht, wenngleich nur kurzfristig sättigend
Preis: 9,50 Euro (inklusive einem Gruß aus der Küche)
Bewertung: Ambiente, Flair und Ausstattung (die goldensten Wasserhähne im Enztal) hätten locker die höchste Punktzahl verdient. Leider erscheint uns die hauseigene Kässpätzle-Variation etwas zu ausdruckslos und dürftig, um den vergleichsweisen hohen Preis zu rechtfertigen. Dennoch beeindruckend: selten konnte eine Servicekraft so detailliert über die Zubereitungsart referieren.

Lokalität: Rossini in Mokni´s Palais Hotels & Spa
Am Kurplatz 4-6
75323 Bad Wildbad
Telefon: 0049 (0) 70 81 301-0
Fax: 0049 (0) 70 81 301-166
Mail: hotel@moknis.com  

Donnerstag, 27. März 2014

Balkan spezial **

















Für manchen Besuch braucht man mehrere Anläufe: mal Winterpause, mal Ruhetag, mal die falschen Öffnungszeiten auf der Homepage. Weshalb mir die Dame im örtlichen Tourist-Info nach angestrengtem Nachdenken dennoch das Zeller Stüble ans Herz legt,  fordert meinen Forscherdrang heraus. Daher  bleibe ich hartnäckig.

Denn irgendwann passt alles. Der Wirt - ein angelernter Schwabe mit Migrationshintergrund und täuschend authentischem Dialekt - dienert freundlich herbei und sichert mir umgehend die gewünschten Kässpätzle zu, auch wenn sie nicht auf der ausgehändigten Karte zu finden sind. Was will man mehr?

Als ich mit beladenem Teller zufrieden vom Salatbüffet  zurück komme, wird bereits mein Essen aufgetischt - und damit auch die Überraschung. Nicht umsonst verspricht die Homepage "sorgfältig zubereitete Speisen nach originellen Rezepten". Die Sorgfalt verbirgt sich im Klingeln der Mikrowelle und die Originalität im großzügigen Einsatz von Schinkenstückchen. Die darf ich einzeln aus der Spätzlemasse pulen.

Menge: Standardgröße
Spätzle: aus unbekannter Provenienz
Käse: sicherlich eine "Spezialmischung"
Zwiebeln: wurden nicht gesichtet
Viskosität: der Schwabe würde "gnätschig" dazu sagen
Beilage: das absolute Highlight ist das Salatbüffet mit 11 frischen Zutaten (von knofeligem Bärlauch bis knackigen Gurkenstiften, von luftigem Ackersalat bis saftigen Möhren) plus 2 Salatsaucen
Zubereitungszeit: sensationelle 7 Minuten
Abgang: überraschend sättigend
Preis: 8,80 Euro (inkl. Beilagensalat)
Bewertung: Zwischen Cevapcici und Djuvec-Reis sind Kässpätzle eindeutig die falsche Wahl. Der zusätzliche Bonuspunkt gilt dem frischen Salatbüffet.

Lokalität: Zeller Stüble 
Bahnhofstr. 18
75378 Bad Liebenzell
Telefon: 07052/935262
Mail: info@zeller-stueble.de

Freitag, 21. März 2014

Herr K. isst Camembert *

















Manchmal klafft eine große Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit, zwischen Ambition und Umsetzung. Das kann den Testesser schon in einen tiefen moralischen Konflikt werfen.

Was tun, wenn der übermäßig freundliche Service jeden Zweifel wortreich unterbindet? Wenn das anwesende ortsansässige Stammtisch-Publikum sichtlich für Stimmung sorgt? Wenn jegliche skeptische  Vermutung  im selbstbewusst vorgetragenen Auskünften unterzugehen droht?

Um ehrlich zu sein: selten fühlen wir uns derart auf den Arm genommen. Was auf der Karte als Käsespätzle firmiert, schmeckt wie ein Teller Fertigware, über den mehrere Lagen Scheiblettenkäse gelegt und in der Mikrowelle (respektive dem Salamander) erhitzt wurden. Ungläubig lassen wir das erstaunliche Konglomerat durch die Gaumen und Mägen dreier Tester wandern. Aber vielleicht hätten wir wie der anwesender Herr K. - ein attraktiv ergrauter, solariumverwöhnter Stammgast - lieber den gebackenen Camembert bestellt?

Menge: wahlweise eine kleine Portion (6,70 Euro) oder eine normale (7,80 Euro)
Spätzle: wir haben uns eine Nachfrage nach der Herkunft erspart
Käse: die Service-Dame erzählte Beeindruckendes über Klötze von Lindenberger und Gouda
Zwiebeln: fein ziselierte, frittierte Streifen
Viskosität: massive Scheiblettenkonsistenz
Beilage: ein kleiner Beilagensalat im 70er-Jahre-Arrangement: über feinen Gurkenscheiben und zart gestifteltem Rettich und hübsch ausgelegtem Blattsalat thront eine Scheibe von gekochtem Ei nebst Paprika aus dem Glas
Zubereitungszeit: circa eine Viertelstunde
Abgang: zunächst unspektakulär
Preis: 7,80 Euro (inklusive Beilagensalat)
Bewertung: Lieber zu einem deftigen Fleischgericht greifen oder eine originelle Speise aus der reichhaltigen Kinderkarte bestellen. Sonst könnte man zum Hirsch werden.

Lokalität: Gasthaus zum Hirsch
Alte Badstraße 67
75394 Oberreichenbach-Oberkollbach
Telefon: 07051 / 51 195
Telefax: 07051 / 59 173
E-Mail: info@hirsch-oberkollbach.de